„Low-Performer“: Unter Umständen kündbar!
Zahlreiche Unternehmen kennen die Problematik: Mitarbeiter erbringen ihre Leistung nicht im gewünschten Ausmaß, obwohl sie es sehr wahrscheinlich besser könnten. Diese Minderleistung reicht jedoch nicht oft für eine Kündigung aus, schließlich besteht der Grundsatz des Bundesarbeitsgerichts (BAG), dass ein Arbeitnehmer das tun muss, was er soll, und dies „nur“ so gut, wie er eben kann.
Das Arbeitsgericht Bremen/Bremerhaven urteilte jüngst im Falle zweier Servicemitarbeiter eines Bürgertelefons, dass deren fristlose Kündigungen wirksam sind. Die nachweislich unterdurchschnittliche Leistung lasse auf eine vorsätzliche vertragswidrige Vernachlässigung der Arbeitspflicht schließen (Urt. v. 14.12.2023, Az.: 2 Ca 2206/23 und 2 Ca 2207/23).
Interessantes Urteil zu „Low-Performer“ und Kündigung
Das Urteil könnte für den ein oder anderen Betrieb durchaus interessant sein. Im konkreten Fall waren die zwei späteren Kläger als Servicemitarbeiter im Bereich des Bürgertelefons bei der Hansestadt Bremen angestellt. Das Problem: Nach Ansicht der Arbeitgeberin telefonierten die Beschäftigten zu wenig und traten nicht ausreichend mit den Bürgern in Kontakt. Die Hansestadt stütze sich dabei auf eine nachträgliche Auswertung der Telefonie-Zeiten von März bis Mai 2023, welcher der Personalrat zuvor ausdrücklich zugestimmt hatte. Dabei konnte aufgezeigt werden, dass die Beschäftigten statt der erwarteten Telefonie-Zeiten von 60 Prozent nur Werte zwischen 30 und 35 Prozent sowie 16 und 33 Prozent erreichten.
Mitarbeiter wehren sich: Kein Betrug, sondern nur „unterdurchschnittliche Leistung“
Die Stadt Bremen war der Ansicht, dass die Auswertung einen Arbeitszeitbetrug belegt und kündigte den Mitarbeitern fristlos. Doch diese hielten die Kündigung für unwirksam und verlangten, weiterbeschäftigt zu werden. Die Auswertung des Telefonverhaltens sei unzulässig, zudem fehle es an einer vorherigen Abmahnung. Darüber hinaus sei keine Anhörung der Kläger erfolgt, die vor einer Kündigung jedoch notwendig sei. Die (ehemaligen) Mitarbeiter erklärten, ihr Telefonverhalten sei nicht als betrügerisch, sondern als eine „unterdurchschnittliche Leistung“ zu bewerten und legten dar, die Arbeitgeberin habe deren Arbeitsverhalten lediglich wegen ihrer Gewerkschaftsmitgliedschaft auswerten lassen. Die Kündigung sei ausschließlich aus diesem Grund erfolgt.
Arbeitsgericht widerspricht: „Vorsätzliche vertragswidrige Vernachlässigung der Arbeitspflicht“
Das zuständige Arbeitsgericht folgte dieser Argumentation nicht und urteilte, dass die fristlosen Kündigungen wirksam seien. Nach Auffassung der Richter lasse der geringe Umfang der Telefonie-Zeiten darauf schließen, dass eine vorsätzliche vertragswidrige Vernachlässigung der Arbeitspflicht vorliege. Mit bloßer Minderleistung seien Telefonie-Zeiten von 30 und 35 Prozent bzw. zwischen 16 und 33 Prozent nicht zu erklären, da der Arbeitgeber nach Abzug von Nachbearbeitungszeiten und Bildschirmarbeitspausen 60 Prozent erwarten dürfe. Zudem habe der Personalrat der Auswertung zur Leistungs- und Verhaltenskontrolle zugestimmt und die gewonnen Daten könnten, auch wenn diese „nicht vollständig im Einklang mit den Vorgaben des Datenschutzrechts“ stehen, nach BAG bei einem vorsätzlich vertragswidrigen Verhalten verwertet werden.
„Low Performer“: Detaillierte Sachverhaltsaufklärung unerlässlich
Auch wenn das Arbeitsgericht Bremen/Bremerhaven im vorliegenden Fall die Kündigung zweier Mitarbeiter für wirksam erklärte, sollten Arbeitgeber stets bedenken, dass sich die Kündigung von sog. „Low-Performern“, also nicht motivierten Arbeitskräften, in vielen Fällen sehr schwierig gestaltet. Das Bundesarbeitsgericht fällte im Jahr 2018 ein grundsätzliches Urteil, wonach der Arbeitnehmer seine Aufgaben zwar zu erfüllen hat, aber dies nur so gut, wie er eben kann (Urt. v. 17.01.2018, Az.: 2 AZR 536/06). Oftmals scheitern Kündigungen an mangelnder Sachverhaltsaufklärung. Bei zahlreichen Fällen in der Praxis wird die Minderleistung von Arbeitskräften nicht so einfach nachzuweisen sein wie im vorliegenden Fall aus Bremen/Bremerhaven. Kündigungen aufgrund von Minderleistung bedürfen somit stets einer sorgfältigen Vorbereitung und einer detaillierten Sachverhaltsaufklärung.