Kontrollbesuch bei krankgeschriebenem Mitarbeiter – ist das zulässig?

Kontrollbesuch bei krankgeschriebenem Mitarbeiter – ist das zulässig?

Der Fall bei TESLA in Brandenburg sorgte für bundesweites Aufsehen:  In Zusammenhang mit Elon Musks Gigafactory haben Vorgesetzte ihren krankgemeldeten Mitarbeitern offenbar hinterherspioniert, um zu kontrollieren, ob die Arbeitnehmer tatsächlich arbeitsunfähig waren.  Und das kann sogar zulässig sein.

Ein spontaner Besuch durch Klingeln an der Haustür oder sogar eine Art verdeckte Observation durch professionelle Detektive: Es kommt vor, dass Vorgesetzte ihren Mitarbeitern nachschnüffeln und prüfen, ob diese tatsächlich krank sind oder ihren Krankenstand nur vortäuschen.

Im Falle von Tesla rechtfertigte der Werksleiter derartige Kontrollbesuche mit einem unüblich hohen Krankenstand in der Belegschaft. Dass die Praxis zulässig sein kann, ist dabei keine neue Info. Schon mehrfach waren derartige Kontrollbesuche Gegenstand von Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht in Erfurt. So etwa im Jahr 2015, wobei die Richter ihr Urteil sogar auf entsprechende Rechtsprechung des EuGH stützen konnten.

 

Kein Freibrief für Arbeitgeber – tatsächlicher Verdacht muss vorliegen

Einen Freibrief für spitzelwütige Arbeitgeber bedeutet das aber keineswegs. Der hier auftretende Widerstreit zwischen dem Arbeitserfüllungsinteresse des Arbeitgebers und der Privatsphäre von Arbeitnehmern kann nicht einseitig zulasten eines (zumeist wohl tatsächlich) erkrankten Mitarbeiter führen.

Zwingend vorliegen muss ein tatsächlicher Verdacht, dass ein solcher Missbrauch des Krankenstandes vorliegt. Eine anlasslose Kontrolle im Sinne einer Stichprobe oder gar einer systematischen Kontrolle ist unzulässig. Führt der Arbeitgeber derartige Kontrollen durch, müssen diese das Persönlichkeitsrecht und auch den Datenschutz des Mitarbeiters. Denn Krankheit und Kranksein sind zunächst Privatsache.

 

Verhältnismäßigkeit muss gegeben sein

Ein Aufsuchen des im Krankenstand befindlichen Mitarbeiters muss ferner in jedem Fall verhältnismäßig sein (auch wenn dieser einem anderen dienstlichen Interesse und nicht der Krankenkontrolle dient). Das heißt, der Arbeitnehmer muss einen berechtigten Zweck erfüllen und er darf im Grunde nur die Mittel zur Aufklärung wählen, die diesen Zweck mit dem mildesten Eingriff in die Privatsphäre des Mitarbeiters verbunden sind.

Gewiss ist es ein berechtigter Zweck, dem begründeten Verdacht des „Krankfeierns“ nachzugehen. Etwa dann, wenn der Mitarbeiter zwar krank ist, aber im Internet Dinge postet, die diesen Eindruck in Zweifel ziehen (Urlaubsbilder, Sportaktivitäten usw.).

 

Kontrolle mit professioneller Detektei

Wie das Bundesarbeitsgericht bereits urteilte, kann sogar das Einsetzen eines professionellen Detektives gerechtfertigt sein. Nämlich dann, wenn nicht nur ein schwerwiegender Verdacht auf Fehlverhalten vorliegt, sondern dem Chef auch kaum ein anderes Mittel bliebe, dieses aufzuklären. Klassische Beispiele sind Fälle, in denen Mitarbeiter sich krankmelden, um in der Zwischenzeit einer anderen Beschäftigung nachzugehen (oft in Schwarzarbeit). Kommt ein solcher Verdacht begründet auf, kann der Hauptarbeitgeber durchaus Maßnahmen ergreifen, um diesem Verdacht nachzugehen.

Stellt der Arbeitgeber im Wege einer zulässigen Kontrollmaßnahme ein Fehlverhalten fest, dann drohen dem betroffenen Mitarbeiter schwere arbeitsrechtliche Konsequenzen, d.h. mindestens eine Abmahnung oder sogar die Kündigung. Zudem kann der Arbeitgeber den Mitarbeiter dann für die etwaig entstandenen Kosten einer Kontrollmaßnahme in Anspruch nehmen.

 

Aktivitäten während der Krankschreibung erlaubt

Gleichwohl ist es nun nicht angezeigt, dass erkrankende Arbeitnehmer sich völlig von der Außenwelt abschirmen müssen. Auch im Krankenstand ist es erlaubt, das Haus zu verlassen, Sport zu machen, Erledigungen zu tätigen oder auch Besuch zu empfangen. Wichtig ist, dass das Verhalten die Krankheit nicht verschlimmert oder die Aktivität der Genesung sogar förderlich ist.

Zudem werden Arbeitgeber schon aus Effizienzgründen nur in begründeten Fällen zu solchen Maßnahmen greifen. Denn nicht nur haben diese oft keine genaue Kenntnis über das Krankheitsbild und können daher schlecht erörtern, wann nun ein Fehlverhalten vorliegt. Überdies ist auch die Aussagekraft in vielen Fällen gering. Dass etwa ein krankgemeldeter Mitarbeiter daheim nicht angetroffen werden kann, das kann viele (gute) Gründe haben. Erstens ist der Arbeitnehmer schon nicht verpflichtet, überhaupt die Türe zu öffnen. Und weiters kann es genauso gut sein, dass der Erkrankte beim Arzt ist, gerade Medikamente einkaufen geht oder schlicht tiefschlafend im Bett liegt, um sich auszukurieren.

 

Persönlichkeitsrecht: So können sich Arbeitnehmer wehren

Im Zweifel kann sich ein Arbeitnehmer gegen jede Kontrollmaßnahme rechtlich zur Wehr setzen, wenn er diese für unbegründet hält und sich in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt fühlt. Und wird diese Unzulässigkeit festgestellt, so kann der betroffene Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber wiederum in Anspruch nehmen. Denn auch derartige Persönlichkeitsrechtsverletzungen können dazu führen, von dem Schädiger ein Schmerzensgeld verlangen zu können.

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