
Ausbildungsvergütung: Das steht Auszubildenden in Deutschland zu
Auszubildende in einer dualen Ausbildung (betriebliche Ausbildung) erhalten eine Ausbildungsvergütung, welche dazu dient, dass sie während ihrer Ausbildung ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Aus diesem Grund steht sie im Mittelpunkt der Überlegungen vieler angehender Auszubildenden.
Wir klären für Sie die wichtigsten Fragen zum Thema Ausbildungsvergütung und beantworten Ihnen, was Auszubildenden in Deutschland zusteht.
Inhaltsverzeichnis:
- Wie hoch ist die Mindestausbildungsvergütung?
- Der Unterschied zu Arbeits- und Tarifverträgen
- Steuern und Sozialabgaben in der Ausbildung
- Fälligkeit und Fortzahlung der Ausbildungsvergütung
- Hat ein Auszubildender Anspruch auf Sonderzahlungen?
- Besonderheiten bei Teilzeitausbildungen und schulischen Ausbildungen
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Wie hoch ist die Mindestausbildungsvergütung?
Für Auszubildende, die 2020 eine Ausbildung begonnen haben, gibt es eine gesetzlich festgelegte Mindestausbildungsvergütung, die sich jährlich erhöht (§ 17 des Berufsbildungsgesetzes). Wie hoch diese ist, hängt von dem Jahr ab, in dem die Ausbildung begonnen wurde. Die Mindestausbildungsvergütung beträgt im Jahr 2024:
- im 1. Ausbildungsjahr: 649 Euro brutto
- im 2. Ausbildungsjahr: 766 Euro brutto
- im 3. Ausbildungsjahr: 876 Euro brutto
- im 4. Ausbildungsjahr: 909 Euro brutto.
Die Mindestausbildungsvergütung darf in keinem Fall unterschritten werden. Hier handelt es sich ausschließlich um die Vergütung für die vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit (auch der Berufsschulunterricht gehört dazu). Geht eine Beschäftigung über diese Zeit hinaus, ist sie entsprechend zusätzlich zu vergüten oder durch die Gewährung entsprechender Freizeit auszugleichen.
Weiterhin muss die Ausbildungsvergütung – unabhängig davon, ob es sich um die Mindestvergütung handelt oder nicht – jährlich steigen: Ausgehend vom ersten Lehrjahr steigt die Vergütung im zweiten Jahr um 18 %, im Dritten um 35 % und im Vierten um 40%.
Ihr Ausbildungsbetrieb kann Ihnen einen Teil der Ausbildungsvergütung als Sachleistungen (z.B. Miete oder Verpflegung) anrechnen. Jedoch müssen Ihnen mindestens 25 % Ihrer Vergütung (nach Abzug der Sozialabgaben und eventueller Steuern) ausbezahlt werden.
Der Unterschied zu Arbeits- und Tarifverträgen
Ein Arbeitsvertrag wird zwischen einem einzelnen Mitarbeiter und dem Unternehmen geschlossen. Ein Tarifvertrag wird von Verbänden ausgehandelt. Diese Verbände vertreten die Interessen der Arbeitnehmer (Gewerkschaften) und der Unternehmen (Arbeitgeberverband).
Wenn das Ausbildungsunternehmen an einen Tarifvertrag gebunden ist, gilt für dieses die tariflich festgelegte Höhe der Ausbildungsvergütung. Im Ausbildungsvertrag dürfen keine niedrigeren Ausbildungsgehälter als die Tarifsätze vereinbart werden. Eine Abweichung nach oben ist möglich.
Wenn ein Betrieb nicht tarifgebunden ist, aber für die jeweilige Branche ein Tarifvertrag vorliegt, darf dem Auszubildenden maximal 20 % weniger als branchenüblich gezahlt werden, solange dabei die Mindestausbildungsvergütung nicht unterschritten wird.
Sobald ein Betrieb nicht tarifgebunden ist und auch kein Branchentarif existiert gilt lediglich, dass die Mindestausbildungsvergütung nicht unterschritten werden darf.
Steuer und Sozialabgaben in der Ausbildung
Die Ausbildungsvergütung wird immer brutto angegeben. Von Ihrer Brutto-Ausbildungs-vergütung zieht Ihr Ausbildungsbetrieb Sozialabgaben und eventuell auch Steuern ab, welche er den zuständigen Stellen (Finanzamt und Versicherung) überweist. Anschließend erhalten Sie den Restbetrag (die Netto-Ausbildungsvergütung).
Steuerpflichtig sind Sie, sobald sie den Grundfreibetrag überschreiten. Dieser beträgt im Jahr 2024 11.604 Euro. Der Grundfreibetrag bezieht sich auf das zu versteuernde Einkommen, also das jährliche Bruttoeinkommen abzüglich der Sozialabgaben und des Arbeitnehmer-Pauschbetrags (Werbungskostenpauschale). Hier ist jedoch zu beachten, dass bei der Überschreitung des Grundfreibetrags nicht das ganze Einkommen versteuert werden muss, sondern nur das, welches den Grundfreibetrag überschreitet. Die Höhe der Lohnsteuer hängt von Ihrer Lohnsteuerklasse ab.
Sind sie lohnsteuerpflichtig und gehören Sie der Kirche an, müssen Sie Kirchensteuer zahlen. Die Kirchensteuer beträgt 8 – 9 % von der Lohnsteuer.
Die Werbungskostenpauschale beträgt für das Jahr 2024 1.230 Euro. Diese Summe wird pauschal auf Ihr zu versteuerndes Einkommen angerechnet. Sie müssen also keine Nachweise dafür erbringen. Haben Sie jedoch mehr als den Pauschalbetrag ausgegeben, können Sie dies in der Steuererklärung geltend machen (hierfür werden Nachweise benötigt). Werbungskosten sind Ausgaben, die Sie für Ihre Ausbildung haben. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Fahrtkosten, Fachbücher oder Bewerbungen.
Zu den Sozialabgaben gehören Beiträge für die Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung. Diese muss jeder Auszubildende zahlen, der eine brutto Ausbildungsvergütung von mindestens 325 Euro erhält. Aufgrund der eingeführten Mindestausbildungsvergütung zahlt somit jeder Auszubildende in Vollzeitanstellung Sozialabgaben. Auch diese Abgaben werden prozentual von Ihrem Bruttolohn berechnet. Die Höhe setzt sich wie folgt zusammen:
- Rentenversicherung bei der allgemeinen Rentenversicherung: 18,6 %
- Allgemeine gesetzliche Krankenversicherung: 14,6 %
- Pflegeversicherung: 3,4 %
- Arbeitslosenversicherung: 2,6 %
Die Hälfte der Beiträge zahlt grundsätzlich Ihr Arbeitgeber, die andere Hälfte Sie. Eine Ausnahme ist die Krankenversicherung, bei welcher Sie zusätzlich zu Ihrem zu zahlenden Anteil noch einen Eigenanteil (im Durchschnitt 1,7 % des Bruttolohns) zahlen müssen.
Weiterhin variieren die Anteile der zu zahlenden Beiträge in die Pflegeversicherung: so zahlen beispielsweise kinderlos Versicherte, die das 23. Lebensjahr vollendet haben, einen Beitragszuschlag von 0,6 %, welchen sie allein tragen müssen. In Sachsen zahlt der Arbeitnehmer einen höheren Anteil als der Arbeitgeber.
Fälligkeit und Fortzahlung der Ausbildungsvergütung
Die Vergütung ist monatlich zu zahlen und muss – anders als bei regulären Arbeitsverhältnissen – spätestens am letzten Arbeitstag des laufenden Monats bei Ihnen eingehen.
Beginnen Sie Ihre Ausbildung nicht zum ersten eines Monats, muss Ihnen Ihr Gehalt anteilig gezahlt werden. Für jeden Tag stehen Ihnen 1/30 des Monatsgehalts zu. Das gilt auch, wenn Sie Ihre Ausbildung nicht zum Ende eines Monats abschließen.
Die Fortzahlung der Ausbildungsvergütung ist in § 19 BBiG geregelt. Danach muss Ihr Ausbildungsbetrieb Ihnen die Ausbildungsvergütung auch zahlen, wenn:
- Sie Urlaub haben.
- Sie krank sind (die Länge der Lohnfortzahlung beträgt sechs Wochen, danach erhalten Sie von der Krankenkasse Krankengeld).
- die Ausbildung außerhalb Ihrer üblichen Ausbildungsstätte stattfindet.
- Sie für den Besuch der Berufsschule oder für Prüfungen freigestellt werden müssen.
- Sie unverschuldet nicht ausgebildet werden können, obwohl Sie bereit dazu sind (z.B. wenn Ihr Arbeitgeber Sie nach Hause schickt, weil es keine Arbeit für Sie gibt).
Hat ein Auszubildender Anspruch auf Sonderzahlungen?
Hierfür gibt es keine gesetzliche Regelung. Bei Sonderzahlungen (z.B. Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld oder vermögenswirksamen Leistungen) handelt es sich um freiwillige Leistungen des Arbeitgebers. Eine Vereinbarung für Sonderzahlungen kann in Ihrem Ausbildungsvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder in einem Tarifvertrag geregelt sein. Diese Zahlungen zählen zur Ausbildungsvergütung brutto, sind folglich nicht steuerfrei.
Besonderheiten bei Teilzeitausbildungen und schulischen Ausbildungen
Absolvieren Sie Ihre Ausbildung in Teilzeit, kann eine anteilige Ausbildungsvergütung gezahlt werden. Sie wird in der Regel entsprechend der wöchentlichen Arbeitszeit reduziert. Wenn Sie dadurch eine monatliche Ausbildungsvergütung von höchstens 325 Euro brutto erhalten, trägt Ihr Ausbildungsbetrieb die Sozialabgaben allein.
Während einer schulischen Ausbildung erhalten Sie grundsätzlich keine Ausbildungs-vergütung, jedoch haben Sie eventuell einen Anspruch auf BAföG oder Berufsausbildungsbeihilfe (BAB).
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