Bundesverfassungsgericht stellt klar: Fahrzeughalter sind nicht gleich Fahrer! Behörden und Gerichte haben Beweispflicht.

BVerfGE: Fahrzeughalter sind nicht gleich Fahrer

Bundesverfassungsgericht stellt klar: Fahrzeughalter sind nicht gleich Fahrer! Behörden und Gerichte haben Beweispflicht.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) stärkt die Rechte von Fahrzeughaltern. Keineswegs seien Fahrzeughalter automatisch als Fahrer anzusehen. Was zunächst banal klingt, hat für das Verkehrsrecht weitreichende Konsequenzen.

 

Strafe ohne Beweise? BVerfG erinnert Behörden und Gerichte an Ermittlungspflicht

Ein Mann aus Nordrhein-Westfalen hat sich durch alle Instanzen geklagt. Sein Fahrzeug wurde in der Siegburger Innenstadt von Parkraumüberwachern mit abgelaufenem Parkschein vorgefunden. Prompt stellten die Kontrolleure einen Strafzettel aus, adressiert an den Halter. Dieser sollte nun 30€ Bußgeld bezahlen, obwohl der Mann beteuerte, das Fahrzeug gar nicht dort abgestellt zu haben.

Doch das interessierte weder die Widerspruchsbehörde noch das Amtsgericht Siegburg. Auch das Oberlandesgericht Köln ließ den Mann letztlich abblitzen. Alle Instanzen waren der Ansicht, im Zweifel sei der Halter automatisch auch als Fahrer anzusehen und habe für etwaige Verkehrsverstöße zu haften.

 

Ohrfeige aus Karlsruhe: Pauschale Zurechnung der Fahrereigenschaft ist Willkür!

Das ließ der Mann nicht auf sich sitzen und erhob Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe. Mit Erfolg! Keineswegs könne man pauschal davon ausgehen, dass der Fahrzeughalter in jedem Fall auch als Fahrer anzusehen sei, so das Bundesverfassungsgericht. Vielmehr müssen die Behörden und auch die kontrollierenden Gerichte weitere Erhebungen durchführen, die Beweise für eine tatsächliche Fahrereigenschaft betreffend des fraglichen Fehlverhaltens darlegen. Die Beweiserhebung des zunächst zuständigen Amtsgerichts in Siegburg sei dementsprechend völlig unzureichend gewesen.

In Karlsruhe sah man vorliegend sogar eine Verletzung des Willkürverbotes (Art. 3 Abs. 1 GG). Das bedeutet, nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts beruhte das vorinstanzliche Urteil unter der Berücksichtigung der Grundsätze des Grundgesetzes derart auf sachfremden Erwägungen, dass das Urteil überhaupt nicht mehr nachvollziehbar sei. Eine schallende Ohrfeige für das Amtsgericht in Siegburg.

 

Zukünftig bessere Chancen für Bürger bei Streit mit der Behörde

Hierdurch dürften die Rechte von Fahrzeughaltern eine deutliche Stärkung erfahren. Ihnen muss stets konkret nachgewiesen werden, tatsächlich selbst das behördlich sanktionierte Fehlverhalten begangen zu haben. Die Chancen von Bürgern, sich gegen unberechtigte Bußgelder zu wehren, dürften zukünftig also um einiges gestiegen sein.