Wann Ihnen Sonderurlaub im Arbeitsrecht zusteht

Sonderurlaub – Diese 9 Fälle sollten Sie kennen!

Als Arbeitnehmer haben Sie Anspruch auf Freistellung oder bezahlten Sonderurlaub. Der Todesfall eines nahen Angehörigen, die Erkrankung eines Kindes oder die eigene Hochzeit sind hierbei die bekanntesten Fälle. In der Regel gibt es für Sie aber weitere Möglichkeiten. Das bürgerliche Gesetzbuch (BGB), das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG), Ihr Arbeitsvertrag oder der gültige Tarifvertrag verpflichten Ihren Arbeitgeber, Sie in verschiedenen Situationen für einen Sonderurlaub freizustellen.

In unserem Rechtstipp erfahren Sie, wann Sie Anspruch auf eine bezahlte Freistellung von Ihrem Arbeitsplatz haben. Hierzu haben wir die häufigsten Fälle thematisiert.



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1. Was ist Sonderurlaub?

Die meisten Arbeitnehmer verstehen darunter die Befreiung von Ihrer Arbeitspflicht aufgrund eines konkreten Anlasses bei einer Weiterzahlung des Gehalts. Juristisch gesehen und dem Wortlaut nach handelt es sich bei der Formulierung "Sonderurlaub" tatsächlich um einen Anspruch, der abseits vom normalen Erholungsurlaub nach §§ 1, 11 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) besteht.

Hierzu möchten wir zwei wichtige Fragen fokussieren:

  1. Haben Sie als Arbeitnehmer die Möglichkeit, Ihre Arbeitsleistung zu verweigern?
  2. Erhalten Sie während dieser Zeit vom Arbeitgeber regulär Ihre Bezahlung?

Für Arbeitnehmer besteht eine Pflicht zur Ausübung der vertraglich geregelten Tätigkeiten aus dem Arbeitsvertrag. Jedoch gibt es die Möglichkeit, der Arbeit fernzubleiben und diese zu verweigern. Dies gilt dann, wenn die Arbeit wegen außergewöhnlicher persönlicher Umstände für Sie unzumutbar geworden ist. Hier findet eine Abwägung der Interessen des Arbeitgebers und der Interessen des Arbeitnehmers statt. In vielen dieser Fälle besteht für Arbeitnehmer kein Anspruch auf eine Fortzahlung des Gehalts. Daher wird hier oft von einer unbezahlten Freistellung gesprochen. Mögliche Konstellationen für eine Freistellung, bei der das Arbeitsverhältnis zwar bestehen bleibt, aber kein Anspruch auf eine Weiterbezahlung des Gehalts besteht, sind zahlreich. Wir wollen uns im Folgenden auf die Fälle des bezahlten Sonderurlaubs konzentrieren. Nur in diesen Ausnahmefällen hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, seine Arbeitsleistung zu verweigern und hierbei trotzdem regulär bezahlt zu werden.





2. Wann wird eine Freistellung bezahlt?

Der Anspruch auf einen bezahlten Sonderurlaub für den Arbeitnehmer ist in § 616 BGB geregelt. Er besteht, wenn der Arbeitnehmer unverschuldet, vorübergehend oder aus persönlichen Gründen nicht in der Lage ist, seinen Pflichten im Rahmen des Arbeitsverhältnisses nachzukommen. Diese gesetzlichen Ansprüche gegen den Arbeitgeber gelten nicht, wenn Sie krank sind! Die Verhinderungsdauer darf nicht von Bedeutung für das Arbeitsverhältnis sein. Es handelt sich also um zeitlich begrenzte, vereinzelt vorkommende oder einmalige Ausnahmesituationen, die einen Sonderurlaub rechtfertigen können. Um hier aber eine gewisse Auslegungsbreite zu gewährleisten, wählte der Gesetzgeber in § 616 BGB bewusst die Formulierung "vorübergehend verhindert".

Die Bestimmungen des § 616 BGB können durch andere - das Arbeitsverhältnis näher definierende Vereinbarungen - genauer geregelt werden. Beim Sonderurlaub müssen also auch

  • Regelungen im Arbeitsvertrag,
  • Regelungen im Tarifvertrag,
  • die Betriebsvereinbarung und
  • spezielle Gesetze

unbedingt berücksichtigt werden.





3. Welche Regeln gelten im öffentlichen Dienst?

Für Beamte im öffentlichen Dienst gelten in den meisten Fällen dieselben Regeln in Bezug auf Sonderurlaub wie für andere Arbeitnehmer. Es gibt jedoch spezifische Regelungen wie § 29 TVöD (Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes), die ergänzend gelten können. Für Bundesbeamte ist der Anspruch in der Sonderurlaubsverordnung (SUrlV) genau beschrieben. Die §§ 5-22 regeln hier sämtliche Ansprüche inklusive der möglichen Dauer einer bezahlten Freistellung.


Hilfe vom Anwalt für Arbeitsrecht

4. Anspruch auf Sonderurlaub bei Todesfall / Beerdigung

Beim Tod und der Beerdigung eines nahen Angehörigen haben Sie Anspruch auf Sonderurlaub. Hierzu zählen

  • Ehepartner und Lebensgefährten,
  • eigene Kinder,
  • Adoptivkinder,
  • Stiefkinder oder
  • Pflegekinder.
  • Ebenso Eltern,
  • Schwiegereltern
  • und Geschwister.

Beim Todesfall des Ehepartners oder Lebensgefährten haben Sie Anspruch auf drei Arbeitstage. In anderen Fällen gemäß § 616 BGB kann nur ein Tag zum Besuch der Beerdigung möglich sein oder ebenfalls ein Anspruch auf drei Tage Sonderurlaub bestehen. Dies ist immer von der Beziehung zum Verstorbenen abhängig. Wenn der Verstorbene in Ihrem Haushalt gelebt hat, besteht ein Anspruch auf zwei Tage Sonderurlaub.

Im Rahmen von Todesfällen sollten Sie den Tarifvertrag, Arbeitsvertrag und die Betriebsvereinbarung prüfen. Hier werden nicht selten auch umfassendere Regeln zum Sonderurlaub bei einem Todesfall für den Arbeitnehmer beschrieben. Ist ein Betriebsrat vorhanden, sprechen Sie die Umstände an und verschaffen Sie sich einen Überblick.




5. Anspruch auf Sonderurlaub bei Geburt eines Kindes

In der Praxis wird zwischen der Geburt eines ehelichen und unehelichen Kindes unterschieden. Der Vater hat nur für die Geburt eines ehelichen Kindes nach § 616 BGB Anspruch auf einen Tag Sonderurlaub. Eine spezielle gesetzliche Regelung hat das Verwaltungsgericht Berlin für Beamte im öffentlichen Dienst festgestellt. Hier bekam ein Kriminalkommissar auch für die Geburt seines unehelichen Kindes einen Tag Sonderurlaub zugesprochen (Urteil vom 26.02.2014, Az. VG 7 K 158.12). Das Gericht nahm hierfür die Formulierung des § 616 BGB "anderer wichtiger Grund" als Grundlage.




6. Anspruch auf Sonderurlaub bei Hochzeit

Wenn Sie selbst heiraten, haben Sie gegenüber Ihrem Arbeitgeber Anspruch auf einen Tag bezahlte Freistellung. Dieser Anspruch besteht ebenso für die Trauung der eigenen Eltern oder die Hochzeit des Kindes. Auch für die Goldene Hochzeit der eigenen Eltern besteht Anspruch auf bezahlte Freistellung von einem Arbeitstag durch den Arbeitgeber. Bei anderweitigen Hochzeiten, wie die des Neffen, des besten Freundes oder eines Bekannten besteht kein Anspruch.




7. Gesetzlicher Anspruch auf Sonderurlaub bei einem Umzug?

Die meisten Arbeitnehmer gehen davon aus, dass Ihnen bei einem Umzug mindestens ein Tag Sonderurlaub gesetzlich zusteht. Dies stimmt aber nur bedingt. Generell gilt dies nur, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

  1. Der Umzug muss betriebsbedingt erfolgen. Sie ziehen also zum Beispiel für einen neuen Arbeitgeber in eine andere Stadt.
  2. Der Umzug kann nur während Ihrer Arbeitszeit stattfinden.

Im Falle, dass Sie an einen anderen Standort versetzt werden oder sich der Sitz Ihres Arbeitgebers verlagert, steht Ihnen als Arbeitnehmer ein freier Tag für den Umzug zur Verfügung. In wenigen Fällen, wenn der Umzugsort vom derzeitigen Wohnort zum Beispiel weit entfernt liegt, kommen auch mehrere Tage einer bezahlten Freistellung infrage.

Da das Gesetz hier klare Richtlinien formuliert, die in der Realität oft schwer abzubilden sind, lohnt sich zusätzlich der Blick in Tarifverträge oder die Betriebsverordnung. Hier können auch weitgehendere arbeitsrechtliche Regelungen von mehreren Tagen festgelegt sein.




8. Anspruch auf Sonderurlaub für Kinderbetreuung

Seit der Corona-Krise und der dadurch bedingten Schließungen von Kindergärten und Schulen ist der Sonderurlaub für die Betreuung eines Kindes in aller Munde. Wenn für ein Kind die Betreuungsmöglichkeit fehlt oder ein Kind davon aufgrund Erkrankung ausgeschlossen ist, kann der Arbeitnehmer durchaus bei einer Fortzahlung des Gehalts zu Hause bleiben. Wichtig für den Urlaubsanspruch ist, ob das Kind tatsächlich betreut werden muss. Hier ist vor allem das Alter des Kindes entscheidend und ob es Alternativen zur geschlossenen / nicht besuchbaren Betreuungseinrichtung gibt. Aber auch, ob das Kind zum Beispiel auf Pflege angewiesen ist.

Ob tatsächlich ein Anspruch auf außerordentliche Urlaubstage im Rahmen eines Sonderurlaubs besteht, muss im Einzellfall geprüft werden. Wie viele zusätzlich bezahlte Urlaubstage konkret durch den Arbeitgeber zugestanden werden, hängt von den jeweiligen Umständen ab. Gerne beraten wir Sie ausführlich darüber. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.




9. Anspruch auf Sonderurlaub für Vereinsarbeit

In vielen Bundesländern haben ehrenamtlich tätige Amtsträger in Vereinen, die sich in einem Arbeitsverhältnis befinden, gegenüber Ihrem Arbeitgeber Ansprüche auf Freistellung zur Ausübung dieser ehrenamtlichen Tätigkeit. Diese Freistellung erfolgt jedoch oftmals nicht als bezahlter Sonderurlaub. Einen generellen Anspruch auf bezahlte oder unbezahlte Freistellung für Vereinsarbeit gibt es aber im Arbeitsrecht nicht! Vielmehr wird ein solcher Anspruch durch Einzelverordnungen der Länder geregelt. Für den konkreten Einzelfall lohnt es sich gegebenenfalls einen Blick in die Betriebsvereinbarung und den bestehenden Tarifvertrag zu werfen. Im öffentlichen Dienst gelten hier oftmals auch Sonderbestimmungen.




10. Anspruch auf Sonderurlaub für einen Arztbesuch

Ein Urlaubsanspruch auf Sonderurlaub kann nach § 616 BGB für den Fall eines Arztbesuchs nur dann gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer den Termin beim Arzt nicht beeinflussen kann. Hier ist das Gesetz eindeutig. Dies ist zum Beispiel bei sich überschneidenden Arbeitszeiten und Öffnungszeiten einer Praxis der Fall. Also wenn der Arzt keine Sprechstunde am Abend für Berufstätige anbietet. Auch wenn Sie als Arbeitnehmer zu lange auf einen Termin warten müssten, sodass Sie nicht rechtzeitig behandelt werden, besteht ein Anspruch auf Sonderurlaub.

Bei Gleitzeitregelungen oder flexiblen Arbeitszeiten in Ihrem Arbeitsvertrag entfällt ein solcher Anspruch in der Regel ganz. Hier liegt es in Ihrer Verantwortung, einen geeigneten Termin zu finden und wahrzunehmen.

Auch für Operationen, die zur Erbringung Ihrer Arbeitsleistung nicht notwendig sind, gibt es im Arbeitsrecht keinen Anspruch auf bezahlten Sonderurlaub. Dabei inbegriffen sind Schönheitsoperationen, aber auch Eingriffe, die etwa Sehschwächen beheben.




11. Anspruch auf Sonderurlaub zur Stellensuche

Wenn Ihnen als Arbeitnehmer eine Kündigung ausgesprochen wurde, sind Sie dazu gezwungen, sich einen neuen Arbeitsplatz zu suchen. Damit dies innerhalb der Kündigungsfrist auch erfolgreich erfolgen kann, muss Ihr Arbeitgeber Ihnen nach § 629 BGB bezahlten Sonderurlaub gewähren. Dieser darf für Bewerbungsgespräche sowie für die Meldung der Kündigung bei der Agentur für Arbeit eingefordert werden.




12. Anspruch auf Sonderurlaub zur Pflege eines Angehörigen

Sollte ein Angehöriger wie zum Beispiel ein Elternteil zum Pflegefall werden, steht Ihnen in jedem Fall ein Tag bezahlter Sonderurlaub zu. Für einen kurzen Zeitraum ist danach eine Freistellung unbezahlter Art möglich. Dieser Zeitraum beträgt in der Regel bis zu zehn Tage. Sie sollten bereits parallel einen Antrag bei der zuständigen Pflegeversicherung stellen, die Ihnen etwaige Verdiensteinbußen erstattet, die aufgrund der Pflege entstanden sind.


Unsere Anwälte beraten Sie umfassend zu allen arbeitsrechtlichen Fragestellungen. Zudem vertreten wir Ihre Rechte gegenüber der gegnerischen Partei und zur Not auch vor allen Arbeitsgerichten. Ein Anspruch auf Sonderurlaub kann für Sie auch im Rahmen anderer persönlicher Umstände und bei anderen konkreten Ereignissen vorliegen. Wir beraten Sie zu diesem Thema fachkundig und zielgerichtet und sind in der Lage, verzwickte Situationen mit Ihrem Arbeitgeber zu erfassen und in Ihrem Sinne zu lösen. Unsere Rechtsanwälte stehen an Ihrer Seite, damit Ihnen Sonderurlaub gewährt wird.


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