Durch Anhusten gekündigt – Das Urteil

Durch Anhusten gekündigt – Das Urteil

Gerade in den Zeiten der Corona-Pandemie stellen sich manche Handlungen, die vorher lediglich als unhöflich oder ungewöhnlich galten, in einem ganz anderen Licht dar. So hatte das Landesarbeitsgericht über eine fristlose Kündigung zu entscheiden, die damit begründet wurde, dass der Betroffene Arbeitnehmer einen Kollegen absichtlich mit den Worten „mögest du Corona bekommen“ anhustete (LRG Düsseldorf, 27.04.21 – 3 Sa 646/20). Der Fall nahm letztlich eine unerwartete Wendung und die Entscheidung ist sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber äußerst interessant.

Der Sachverhalt – am Arbeitsplatz angehustet

Der Kläger war seit August 2015 als Auszubildender und seit Mitte Januar als Jungzerspannungsmechaniker beschäftigt. Darüber hinaus ist er Mitglied der Jugend und Auszubildendenvertretung. Aufgrund der Corona-Pandemie führte der Arbeitgeber am 11.03.2020 mehrere Infektionsschutzmaßnahmen ein. Neben dem Abstandsgebot sowie weiteren Verhaltensregeln war gerade auch das Gebot ein Thema, bei Husten oder Niesen, Mund und Nase mit einem Papiertaschentuch oder Ärmel zu bedecken. Über diese Maßnahmen wurde die Belegschaft umfangreich informiert.

Der Arbeitgeber wirft dem Mitarbeiter vor, sich mehrfach diesen Verhaltensregeln widersetzt zu haben. So habe er Sicherheitsabstände nicht eingehalten sowie in Gesprächen geäußert, dass er diese Maßnahmen nicht ernst nehme und diese nicht einhalten werde. Konkret solle er einmal einen Kollegen gegen seinen Willen am Arm angefasst haben. Am 17.03.2020 habe der Arbeitnehmer einen Kollegen aus einem Abstand von einer halben bis einer Armlänge angehustet und hierbei sinngemäß geäußert, er hoffe, der Betroffene Corona bekommt. Ob der Kläger zu diesem Zeitpunkt mit Corona infiziert war, war nicht bekannt.

Aus diesem Grund kündigte der Arbeitgeber mit Zustimmung des Betriebsrats dem Angestellten am 03.04.2020 außerordentlich fristlos. Gegen diese Kündigung erhob der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage. Er macht entgegen dem Vortrag der Beklagten geltend, dass er andere Personen keiner Infektionsgefahr ausgesetzt habe und soweit es ihm möglich gewesen sei, die Sicherheitsabstände und die Hustetikette eingehalten habe.

Bei dem streitgegenständlichen Vorfall vom 17. März habe er einen Hustenreiz verspürt und deshalb spontan husten müssen. Dabei hätte er jedoch einen ausreichenden Abstand zum Kollegen eingehalten. Da sich der betroffene Kollege durch den Kläger belästigt gefühlt und dementsprechend geäußert habe, hätte der Kläger sinngemäß geäußert „Chill mal, du wirst schon kein Corona bekommen.“

Warum die Kündigungsschutzklage Erfolg hatte

Aufgrund der widersprüchlichen Sachverhaltsdarstellungen führte das LAG Düsseldorf eine Beweisaufnahme durch und hörte mehrere Zeugen an. Da die Beweislast in diesem Fall beim Arbeitgeber liegt und diese Seite den vorgetragenen Sachverhalt nicht eindeutig belegen konnte, gab das LAG der Kündigungsschutzklage statt.

Gleichzeitig stellte das LAG jedoch klar, dass der Sachverhalt an und für sich eine Kündigung rechtfertigen würde. Wer in Zeiten von Corona bewusst einen Kollegen anhustete und äußert, dieser möge Corona bekommen, verletzt in erheblicher Weise seine Rücksichtnahmepflicht aus dem Arbeitsverhältnis. Macht der Betroffene Arbeitnehmer darüber hinaus auch noch deutlich, dass er die Arbeitsschutzvorschriften des Arbeitgebers nicht einhalten werde, so ist eine fristlose Kündigung auch ohne vorhergehende Abmahnung gerechtfertigt. Einem Arbeitgeber sei es in einem solchen Fall nicht zumutbar, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist fortzuführen.

Soweit jedoch ohne hinzukommende Gesichtspunkte lediglich eine Verletzung von Abstandsregeln durch den Arbeitnehmer vorliegt, ist es dem Arbeitgeber zumutbar, dieser Verletzung der Vertragspflichten durch eine Abmahnung zu begegnen.

Was ist zu tun?

Arbeitgeber sollten sich im Falle von fristlosen Kündigungen ganz genau über den zu Grunde liegenden Sachverhalt informieren und sicherstellen, dass Sie diesen im Fall einer gerichtlichen Beweisaufnahme auch entsprechend belegen können. Da den Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht die Beweislast trifft, geht es regelmäßig zu seinen Lasten, wenn entsprechende Beweise nicht erbracht werden können.

Arbeitnehmern hingegen wird vor Augen geführt, dass sie die vom Arbeitgeber eingeführten Infektionsschutzmaßnahmen ernst zu nehmen haben und diese befolgen müssen. Andernfalls drohen Ihnen Abmahnungen und im Fall von fortgesetztem Fehlverhalten auch die Kündigung.