Streit um den Sonderkündigungsschutz: Ab wann gilt eine Frau als schwanger?

Streit um den Sonderkündigungsschutz: Ab wann gilt eine Frau als schwanger?

Wenn eine Frau in Deutschland schwanger ist, darf sie von ihrem Arbeitgeber nicht gekündigt werden. So sieht es das Mutterschutzgesetz vor. Doch ab wann beginnt eine Schwangerschaft rechtlich und ab wann greift das schützende Gesetz? Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat dazu ein bemerkenswertes Urteil getroffen.

Streitfall in Baden-Württemberg

Gemäß dem geltenden Mutterschutzgesetz dürfen Arbeitnehmerinnen in Deutschland während ihrer Schwangerschaft nicht gekündigt werden. Doch was, wenn der genaue Zeitpunkt des Beginns der Schwangerschaft zweifelhaft ist? In Baden-Württemberg haben die zuständigen Richter nun eine Entscheidung getroffen, die weitreichende Folgen für die Rechtsprechung zu diesem Thema haben könnte.

Das Landesarbeitsgericht entschied über die Kündigungsschutzklage einer Arbeitnehmerin, die in ihrer Probezeit November 2020 von ihrem Arbeitgeber entlassen worden war. Zu einem späteren Zeitpunkt legte die entlassene Mitarbeiterin einen Beleg über eine Schwangerschaft vor und klagte gegen ihre Kündigung. Dabei gab die Klagende als voraussichtlichen Geburtstermin den 5. August 2021 an.

Landesarbeitsgericht weist Klage ab

Das zuständige Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg wiesen die Klage auf Kündigungsschutz ab und gaben dem Arbeitgeber somit recht. Dabei wichen beide Gerichte von der zuständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ab, das im Normalfall 280 Tage zurückrechnet, um den Beginn der Schwangerschaft zu ermitteln. Das Landesarbeitsgericht erklärte, der Zeitpunkt 266 Tage vor der voraussichtlichen Geburt des Kindes sei besser geeignet, um den ersten Tag der Schwangerschaft zu ermitteln.

Die Begründung liegt dabei in der Biologie: Die Befruchtung der Eizelle erfolge durchschnittlich am zwölften oder 13. Zyklustag, so die zuständigen Richter aus Baden-Württemberg. Daher sei die Berechnungsmethode des Bundesarbeitsgerichts nicht in Deckung „mit typischen Schwangerschaftsverläufen zu bringen“. Der Kündigungsschutz könne nicht an einem Tag beginnen, an dem eine Schwangerschaft noch äußerst unwahrscheinlich sei.

Arbeitnehmerin geht wohl leer aus

Konkret bedeutet das für die klagende Arbeitnehmerin, dass der Sonderkündigungsschutz für sie nicht greift. Laut der Berechnungen des Landesarbeitsgerichts, die vom voraussichtlichen Entbindungstermin nur 266 Tage zurück rechneten, ist der Schwangerschaftsbeginn erst auf den 12. November 2020 zu taxieren. Zu diesem Zeitpunkt war der Arbeitnehmerin die Kündigung bereits zugegangen, weshalb kein gesetzlicher Schutz für sie gilt.