„Wilder“ Streik: Fristlose Kündigungen von Gorillas-Ridern wirksam

„Wilder“ Streik: Fristlose Kündigungen von Gorillas-Ridern wirksam

Ein Streik von Mitarbeitern des Lieferdienstes Gorillas im Herbst 2021 hatte einige fristlose Kündigungen nach sich gezogen. Wie das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg jetzt in zwei Verfahren entschied, waren die fristlosen Kündigungen gegen die Kurierfahrer wirksam. Die Teilnahme an sog. „wilden“ Streiks stellt eine erhebliche arbeitsrechtliche Pflichtverletzung dar, so das Urteil der zuständigen Richter (LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 25.4.2023: 16 Sa 868/22, 16 Sa 869/22 und 16 Sa 871/22).

Anfang Oktober 2021 hatten sich mehrere Mitarbeiter des Lieferdienstes Gorillas vor verschiedenen Filialen zu Protestaktionen versammelt. Über vier Tage protestierten die Arbeitnehmer mit dem Ziel, eine pünktlichere Auszahlung der Gehälter zu erreichen. Zudem forderten die sog. Rider regenfeste Ausrüstung von Arbeitgeberseite. Die Teilnehmer der Protestaktion blockierten während ihres Streiks die Zugänge zu den Gorillas-Filialen und stellten ihre Lieferfahrräder auf den Kopf. Nach mehreren vergeblichen Versuchen, die Angestellten zur Wiederaufnahme ihrer Arbeit zu bewegen, reagierte Gorillas und feuerte zahlreiche Mitarbeiter nach den in Augen des Unternehmens „wilden“ Streiks außerordentlich und fristlos.

 

Ehemalige Gorillas-Mitarbeiter gehen gegen Kündigung vor – und verlieren

Drei Fahrradkurier erhoben nach ihrer fristlosen Kündigung Kündigungsschutzklage, die im April 2022 vor dem Arbeitsgericht Berlin verhandelt und schlussendlich abgewiesen wurden (AG Berlin, Urt. v. 06.04.2022: 20 Ca 10257/21, 20 Ca 10258/21, 20 Ca 10259/21). In zwei Fällen war die fristlose Kündigung für wirksam erachtet worden, im dritten hatte das Gericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis ordentlich nach einer zweiwöchigen Frist in der Probezeit geendet hat. Hier konnte keine aktive Beteiligung des Arbeitnehmers an den Protestaktionen nachgewiesen werden. Die ausgesprochene ordentliche Kündigung wurde jedoch bestätigt.

 

Kündigung wirksam: LAG bestätigt Urteil gegen Gorillas-Rider

Die ehemaligen Gorillas-Mitarbeiter legten gegen die Entscheidung des AG Berlin Berufung vor dem LAG Berlin-Brandenburg ein. Hier bestätigten die zuständigen Richter zwei der drei fristlosen Kündigungen, im dritten Verfahren bejahte das LAG die ausgesprochene ordentliche Kündigung. Die Richter bewerteten die Beteiligung an den „wilden“ Streiks als erhebliche arbeitsrechtliche Pflichtverletzung. Eine zulässige Ausübung des Streikrechts gemäß Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG liege bei der nicht gewerkschaftlich organisierten Protestaktion der ehemaligen Gorillas-Mitarbeiter nicht vor, auch nicht unter Berücksichtigung von Teil II Art. 6 Nr. 4 der Revidierten Europäischen Sozialcharta.

 

Revision zum Bundesarbeitsgericht ist nicht zugelassen

Daher bestätigte das LAG in den beiden Verfahren, in denen die Beteiligung der ehemaligen Kurierfahrer an den Protestaktionen zweifelsfrei feststand, die außerordentliche Kündigung. Im dritten Verfahren, in dem die aktive Beteiligung am Streik nicht sicher festgestellt werden konnte, bejahten die Richter die ebenfalls ausgesprochene ordentliche Kündigung des kurzzeitig bestehenden Arbeitsverhältnisses. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde in allen drei Verfahren nicht zugelassen. Für Arbeitnehmer gibt das Urteil aus Berlin eine klare Orientierung, unter welchen Umständen ein Streik stattfinden kann und unter welchen Bedingungen nicht. Die Teilnahme an sog. „wilden“ Streiks kann in jedem Fall arbeitsrechtliche Konsequenzen bis zur fristlosen Kündigung nach sich ziehen.