Anteilige Urlaubskürzung ungeimpfter Pflegekräfte rechtens
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat ein Grundsatzurteil zur unbezahlten Freistellung von ungeimpften Pflegekräften infolge der einrichtungsbezogenen Impfpflicht gefällt. Demnach waren Arbeitgeber berechtigt, ihre Angestellten unbezahlt freizustellen, da sie mit der Freistellung lediglich die Regeln des Infektionsschutzgesetzes umsetzten. Zudem dürften die Arbeitgeber anteilig den Urlaubsanspruch der Arbeitnehmer kürzen (Urt. v. 19.06. 2024, Az. 5 AZR 167/23).
Die Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ab März 2022 im Gesundheits- und Pflegesektor hatte für Angestellte, die sich nicht gegen das Corona-Virus impfen lassen wollten, weitreichende Konsequenzen. So auch für eine Alltagsbegleiterin eins Seniorenwohnheims in Nordrhein-Westfalen, die im April 2022 mit Verweis auf die Regelungen des Infektionsschutzgesetzes freigestellt wurde. Die Angestellte hatte auch einen Monat nach Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht keinen Impf- oder Genesenen-Nachweis erbringen können. Darüber hinaus lag dem Arbeitgeber keine Bescheinigung darüber vor, dass sich die Frau aus medizinischen Gründen nicht habe impfen lassen können.
Urlaub gekürzt, weil Angestellte keinen Impfnachweis erbringen kann
Die Freistellung sollte bis zum erforderten Nachweis gelten, längstens jedoch bis Ende 2022. Zusätzlich verfügte das zuständige Gesundheitsamt Anfang September ein temporäres Tätigkeitsverbot. Bezahlt wurde die Arbeitnehmerin zwischen April und August nicht. Zudem kürzte der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch für jeden ganzen Monat der Freistellung anteilig insgesamt um 12,5 Tage, wobei der Betrieb auf 13 Tage aufrundete. Die Angestellte klagte und verlangte für die nicht bezahlten Monate vor der behördlichen Entscheidung ihre Vergütung sowie die gerichtliche Feststellung auf 13 weitere Urlaubstage für das Jahr 2022. Der Arbeitgeber habe sie bis zur behördlichen Entscheidung weiter beschäftigen müssen, so die Klägerin.
BAG: Kein Anspruch auf Vergütung, Urlaub darf gekürzt werden
Das BAG entschied nun in einem wohl richtungsweisenden Urteil größtenteils gegen die Arbeitnehmerin. Weder steht der Frau eine Annahmeverzugsvergütung zu, noch erhält die Angestellte ihren Urlaubsanspruch vollumfänglich zurück. Lediglich einen halben Urlaubstag sprachen die Erfurter Richter der Angestellten zu, auf die weiteren 12,5 Urlaubstage habe die Alltagsbegleiterin keinen Anspruch. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die Arbeitstage, die die Angestellte wegen der Freistellung nicht leistete, nicht mit Arbeitspflicht gleichzustellen seien. Der Anspruch auf Jahresurlaub leitet sich aus der tatsächlichen Arbeit ab, eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Nicht-Arbeit allein auf Entscheidungen des Arbeitgebers beruht.
Arbeitgeber hat nur Regeln des Infektionsschutzgesetzes umgesetzt
Im vorliegenden Fall, so die Erfurter Richter, treffe dies jedoch nicht zu, da der Arbeitgeber lediglich die Regeln des geltenden Infektionsschutzgesetztes umgesetzt habe. Darüber hinaus hätte die Arbeitnehmerin durch einen Immunisierungsnachweis wieder ihre Tätigkeit aufnehmen können. Da sich die Angestellte freiwillig gegen die Corona-Impfung entschied, sei der Fall nicht mit beispielsweise einer einseitigen Freistellung durch den Arbeitgeber vergleichbar. Der halbe Urlaubstag, den das BAG der Arbeitnehmerin zusprach, ergab sich aus der Aufrundung des Arbeitgebers bei der Neuberechnung des Urlaubsanspruchs. Dafür gebe es keine Rechtsgrundlage.