Der 60. Verkehrsrechtstag 2022 in Goslar – eine Zusammenfassung

Der 60. Verkehrsrechtstag 2022 in Goslar – eine Zusammenfassung

Vom 17. – 19. August trafen sich knapp 1.300 Verkehrsexperten aus Deutschland und der EU zum 60. Verkehrsrechtstag in Goslar. Dort fanden in verschiedenen Arbeitskreisen Debatten unter den Experten statt. Als Ergebnis wurden einige Empfehlungen an die Politik gerichtet, für Bereiche, in denen Nachholbedarf besteht. Wir stellen die Empfehlungen in einer Übersicht dar.

Mehr Flexibilität bei der Sanktionierung von Verstößen

Ziel der Empfehlung ist es, die Verhängung von Fahrverboten und Bußgeldern möglichst zu vermeiden. Hierzu soll Verkehrssündern zukünftig die Gelegenheit eingeräumt werden, an alternativen Maßnahmen wie Fahrsicherheitstrainings, Unterricht bei Fahrschulen oder Kursen bei der Verkehrswacht teilzunehmen, um dem Fahrverbot oder dem Bußgeld zu entgehen. Zudem soll es möglich sein, ein Fahrverbot auch auf Bewährung auszusetzen.

Darüber hinaus sollen bei der Verhängung der Sanktion auch insbesondere berufliche, familiäre und finanzielle Aspekte sowie im Falle eines erstmaligen Verstoßes das bisherige regelkonforme Verhalten berücksichtigt werden.

Diese Umgestaltung des Sanktionsmechanismus soll zu mehr Akzeptanz bei den Verkehrsteilnehmern führen.

Erhöhung des THC-Grenzwertes

Der bisherige Grenzwert von THC von 1,0 Ng THC pro ml Blutserum soll in einem angemessenen Umfang erhöht werden. Der Konsum von Cannabis sei strikt vom Konsum von Alkohol im Straßenverkehr zu trennen. Ein wissenschaftlich basierter Grenzwert für THC, ab welchem eine Einschränkung der Verkehrstüchtigkeit des Fahrlehrers gegeben ist, sei nicht möglich.

Der bisherige Grenzwert sei lediglich in der Lage, den vorherigen Konsum von Cannabis nachzuweisen. Eine Aussage darüber, ob eine Einschränkung der Verkehrstüchtigkeit damit verbunden war, lasse sich jedoch nicht treffen.

Daher soll im Interesse der praktisch Betroffenen der Grenzwert in einem angemessenen Umfang erhöht werden. Einen konkreten Vorschlag für einen Grenzwert geben die Experten allerdings nicht ab.

Mehr Sicherheit für den Radverkehr

Der Fahrradverkehr soll durch einen Ausbau bestehender und die Schaffung neuer Radwege gestärkt werden. Insbesondere soll durch eine Trennung vom Auto- und Fußgängerverkehr die Sicherheit erhöht werden. Zudem soll durch eine Integration von Verkehrsausbildung und Fahrsicherheitstrainings in die Lehrpläne die Schulung von Jugendlichen gestärkt werden.

Zudem solle ein neuer Bußgeldtatbestand für das Fahrradfahren unter Alkoholeinfluss geschaffen werden.

Durch eine Änderung der Ziele der StVG und der StVO soll für die Kommunen mehr Spielraum für präventive und proaktive Maßnahmen geschaffen werden. Darüber hinaus sollen die Abmessung und das Gewicht insbesondere für Lastenräder, Gespanne und Pedelecs für die rechtliche Zuordnung als Fahrrad begrenzt werden.

Verbesserte Reha-Versorgung für Verletzte

Personenschäden gehören leider zum Alltag im Verkehr. Um den wegen Versorgungslücken teils akut gefährdeten Heilungserfolg im Falle von Personenschäden zu verbessern, soll ein Rehabilitationsmanagement integriert werden, an dem Ärzte Versicherer, Verkehrsanwälte und Reha-Dienstleister mitwirken. Dadurch sollen die häufig vorkommenden zeitlichen Verzögerungen beim Übergang von der Akutbehandlung im Krankenhaus zu einer Reha-Kur beseitigt werden.

Reform der Gefährdungshaftung

Aufgrund der geänderten Bedingungen im Straßenverkehr solle die Ausnahme von der Gefährdungshaftung für langsam fahrende Kraftfahrzeuge gestrichen werden. Langsam fahrende Land- und Baumaschinen haben sich in ihrer Ausstattung und Ausmaßen deutlich weiterentwickelt. Hinzu kommen neue gefahrenträchtige Verkehrsmittel wie E-Scooter. Mit dieser Entwicklung geht eine enorme Steigerung des Gefahrpotenzials einher.

Vor diesem Hintergrund erscheint die Ausnahme für die Gefährdungshaftung für Fahrzeuge, die lediglich Geschwindigkeiten zwischen 5 und 20 km/h erreichen als nicht mehr zeitgemäß. Lediglich für motorisierte Krankenfahrstühle solle die Ausnahme auch weiterhin gelten.