Grundbucheinsicht: Miterben müssen Interesse konkret darlegen

Grundbucheinsicht: Miterben müssen Interesse konkret darlegen

Erbstreitigkeiten gehören in Deutschland zur Tagesordnung. Verstirbt ein Familienmitglied oder eine nahestehende Person, hinterlässt sie oft finanzielle und materielle Güter, was zu Streit unter den Erbenden führen kann. Doch auch um die Einsicht in Grundbücher und Akten kann es zu rechtlichen Auseinandersetzungen kommen. Das Oberlandesgericht in Saarbrücken beschäftigte sich jüngst mit der Frage: Stehen einer Miterbin eine Grundbucheinsicht und Einsicht in die Grundakten zu, wie sie einer Erblasserin zu Lebzeiten zugestanden haben?

Die saarländischen Richter fällten dazu im November 2021 ein Urteil, was für die kommende Rechtsprechung maßgebend sein dürfte.

Erbin begehrt Einsicht in Akten: Besteht ein berechtigtes Interesse?

Im konkreten Sachverhalt begehrte eine Miterbin Grundbucheinsicht und Einsicht in die Grundakten, da sie die Meinung vertrat, ihr ständen die gleichen Einsichtsrechte wie der Erblasserin zu. Zudem erklärte die Begünstigte, ein Miterbe habe zudem ein ausführliches Einsichtsrecht in die Grundakten von ehemaligen Immobilien des Verstorbenen. Ein erbrechtlicher Nachweis, nach Ansicht der Miterbin, bedürfe nicht der Form des § 35 der Grundbuchordnung.

Die zuständige Rechtspflegerin des Grundbuchamtes wie den Antrag jedoch ab. Die Begründung: Es bestehe kein berechtigtes Interesse an der Einsicht. Das Oberlandesgericht in Saarbrücken wies die Beschwerde der Miterbin kurze Zeit später ebenso zurück.

„Berechtigtes Interesse“ ist zwingend notwendig

Doch wieso diese Absage?

Für die Einsicht in Grundbuch und Grundakten muss ein „berechtigtes Interesse“ vorhanden sei. Entscheidend ist hierbei, dass der Antragssteller ein gerechtfertigtes Interesse verfolgt, was nicht nur auf die Rechtsebene zurückzuführen ist. Auch tatsächliche, wirtschaftliche Interessen sind erforderlich. Das Interesse muss dabei zwingend der Sache gerechtfertigt sein.

Betrachtet man nun den jeweiligen Einzelfall, muss klar ersichtlich sein, dass die Einsichtnahme der Akten dem Erben einen Erkenntnisgewinn ermöglicht, der sein zukünftiges Handeln beeinflussen könnte. Dabei ist stets im Auge zu behalten, dass der Schutz der Persönlichkeit und wirtschaftlicher Verhältnisse immer gegenüber den Interessen der Erbberechtigten, die zum Erkenntnisgewinn dienen sollen, abgewogen werden muss. Die Sachgründe, weshalb einer Person Einsicht in die Dokumente ermöglicht werden soll, sind vom Antragssteller detailliert darzulegen. Falls sich aus den hervorgebrachten Tatsachen ergibt, dass ein berechtigtes Interesse verfolgt wird und nicht bloße Neugier oder andere wenig schwerwiegende Gründe, kann das Grundbuchamt Einsicht gewähren.

Wieso wies das Oberlandesgericht die Beschwerde ab?

Im oben beschriebenen Fall wurden diese Anforderungen durch die Miterbin nicht erfüllt. Zwar könnte ein Erbe das Recht auf Einsicht in Grundbuch und Grundakten bekommen. Dazu müsste die Einsicht der Klärung von Ausgleichspflichten dient. Die Erbin im vorliegenden Fall beschränkte sich jedoch auf einen rechtlichen Hinweis. Dies ist jedoch kein hinreichender Tatsachenvortrag, der zur Klärung genannter Ausgleichspflichten hilfreich wäre. In Abwägung mit dem Schutz des Erblassers kann somit kein Einsichtsrecht gewährt werden.

Was bedeutet das Urteil für kommende Fälle?

Das Oberlandesgericht in Saarbrücken hat klar herausgestellt, dass ein mögliches, berechtigtes Interesse genaustens zu prüfen ist. Auf keinen Fall soll Unbefugten Einblick in vertrauliche und schützenswerte Unterlagen ermöglicht werden. Mögliche Ausgleichspflichten sind nachvollziehbar darzulegen, dahingehende Ansprüche müssen zumindest möglich erscheinen. Klar ist: Ein rechtlicher Hinweis eines Miterben reicht nicht aus, um ein berechtigtes Interesse zur Einsicht in die Dokumente anzuzeigen.