Instagram, Influencer, indirekte Werbung: Was das BGH-Urteil bedeutet

Influencer und die indirekte Werbung – Aktuelles Urteil

Sie posten, präsentieren Produkte und sind mittlerweile die Aushängeschilder zahlreicher Firmen: Influencer. Während die Werbung im linearen Fernsehen und dem Radio zusehends an Bedeutung verliert, wächst der Marketingmarkt auf Plattformen wie Instagram rasant an. Große Unternehmen und Firmen nutzen die millionenfache Reichweite der Internet-Stars, um ihre Marke attraktiv zu machen sowie ihre Produkte authentisch und lebensnah auf die Smartphones einer ganzen Generation zu tragen. Dabei werden die Verkaufsartikel meist unauffällig und nahezu beiläufig in den täglichen Beiträgen platziert, um das zumeist junge Publikum unterbewusst von einem Produkt zu überzeugen.

Doch hier beginnt ein großes Problem, dass auch juristische Fragen aufwirft: Ab wann müssen Influencer beginnen, ihre Werbung als solche zu kennzeichnen? Und ab wann beginnt Schleichwerbung, die in Deutschland gesetzlich streng untersagt ist?

In den letzten Jahren waren sich die Gerichte nie einig, wenn es um Werbekennzeichnung für Influencer ging. Wahrscheinlich war das Phänomen zu neu, als dass es die zuständigen Rechtssprecher gesamt hätten durchdringen können.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 9. September 2021 nun drei wegweisende Urteile gesprochen, – doch vollständig geklärt ist diese rechtliche Grauzone noch lange nicht.

 

Wann Werbung gekennzeichnet werden muss – und wann nicht

So uneindeutig die Rechtslage bislang im Bereich Influencer-Marketing war, so eindeutig ist diese generell geregelt. Dies gibt das Gesetz gegen den Unlauteren Wettbewerb (UWG) klar vor. Allgemein gilt, dass geschäftliche Inhalte eindeutig von privaten oder redaktionellen abzugrenzen sind. Dies gilt nicht nur für die bunte Social-Media-Welt, sondern auch in der klassischen Zeitung. Kommerzielle Inhalte müssen immer als solche gekennzeichnet sein, festgeschrieben in § 6 Abs. 1 Nr. 1 Telemediengesetz sowie § 3 Abs. 3 UWG. Falls kommerzielle Kommunikation nicht eindeutig als solche erkannt werden kann, liegt ein Gesetzesbruch vor. Dies gilt insbesondere für Darstellungen, die zwar nicht zwingend geschäftlich aussehen müssen, hinter denen jedoch ein Beschäftigungsverhältnis mit dem Ziel steht, ein Produkt zu vertreiben. Nach Rechtslage kann man nicht bei einem Unternehmen angestellt sein und gleichzeitig „private“ Reviews produzieren.

Ausnahmefälle bestehen nur, falls geschäftliche Bestrebungen aufgrund der äußeren Umstände offensichtlich sind. Wirbt beispielsweise ein Hautcreme-Hersteller auf seiner eigenen Webseite, in einem hauseigenen Magazin oder auf dem eigenen Social-Media-Account für sein Produkt, entfällt die Pflicht zur Kennzeichnung von Werbung.

Noch nicht abschließend geklärt ist der Fall, wenn Influencer auf ihren reichweitenstarken Kanälen Produkte testen oder probieren, um weitere Follower auf ihre Seiten zu locken, gleichzeitig aber keine finanzielle oder materielle Gegenleistung der Firma erhalten. Müssen die Internet-Größen dies auch als Werbung kennzeichnen? Ein wegweisender Urteilsspruch blieb bisher aus.

 

Konkrete Fälle von unzulässiger Schleichwerbung

Am 9. September hat der BGH nun drei Urteile gefällt, die zumindest eine erste Richtung im immer größer werdenden Markt des Influencer-Marketings vorgeben. Konkret sprachen die Richter Urteile zu drei Instagram-Influencerinnen, deren Reichweiten zwischen 147.000 und 3,7 Millionen Abonnenten liegen (Stand 18. September 2021). Allen drei Online-Unternehmerinnen wurde dabei vorgeworfen, gegen die Pflicht zur Kennzeichnung von Werbung verstoßen zu haben. Dafür wurden sie vom Verband Sozialer Wettbewerb abgemahnt.

Doch um was ging es dabei genau und wie entschied der Bundesgerichtshof in den Einzelfällen?

Im ersten Fall wurde darüber entschieden, ob eine Fitness-Influencerin auf ihrem Kanal unrechtmäßig eine Marmelade bewarb. Auf den Instagram-Beiträgen der Sport-Unternehmerin kann die Marmelade angeklickt werden, wobei ein sogenannter „Tap Tag“ mit dem Namen des Herstellers erscheint. Bei einem Klick auf diesen Tag wird der Nutzer dann schlussendlich auf das Instagram-Profil des Herstellers weitergeleitet. Zudem bekam die Influencerin eine Gegenleistung.

In einer Entscheidung hatte das Oberlandesgericht Braunschweig im Frühjahr 2020 entschieden, dass die streitgegenständlichen Instagram-Beiträge geschäftliche Handlungen darstellen und diese nicht ausreichend als Werbung gekennzeichnet sind. Der BGH bestätigte diese Entscheidung nun. Geschäftliche Handlungen im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG liegen demnach vor, obwohl das Produkt nur kommentarlos gezeigt wurde. Für die Richter ist die kommerzielle Kommunikation nicht ausreichend als solche gekennzeichnet.

Keine Gegenleistung gab es für die Influencerin in Fall zwei. Die Unternehmerin hatte die Produkte lediglich zur Eigenpräsentation verwendet. Nach Ansicht des Gerichts war hier die geschäftliche Aktivität und der Werbezweck schon aus dem Profil heraus erkennbar. Hinzu erhielt die Influencerin keine Gegenleistung, wie aus der Pressemitteilung des BGH ersichtlich wird: „Die beanstandeten Beiträge stellen aber mangels Gegenleistung eines Dritten keine kommerzielle Kommunikation bzw. keine Werbung im Sinne dieser Vorschriften dar.“ Somit wies der BGH die Revision des Verbandes Sozialer Wettbewerb zurück.

Im dritten und letzten Fall veröffentlichte eine Influencerin auf ihrem Account private Fotos von sich, jedoch auch Bilder, auf denen Produkte beworben wurden. Diese Posts, für die die Unternehmerin auch eine Gegenleistung der jeweiligen Unternehmen erhielt, wurden mit Erklärungstexten als Werbung gekennzeichnet. Da sich die Abmahnung auch gegen Veröffentlichungen richtete, für die die Social-Media-Bekanntheit gar keine Gegenleistung erhielt, sah der BGH wie in den vorherigen Entscheidungen des Landgerichts und Oberlandesgerichts München auch hier keine Veranlassung, diese Fotos als Werbung kenntlich zu machen.

 

BGH-Urteil: Klarheit oder Fragezeichen?

Klar ist, dass das Urteil des BGH den Influencern mehr Rechtssicherheit verschafft. In Zukunft wird wohl noch sorgenfreier gepostet und geworben werden können, weil erste rechtliche Rahmenbedingungen auf diesem Geschäftsfeld umrissen sind. Klar ist: Falls Influencer von Firmen Gegenleistungen für die Darstellung ihrer Produkte erhalten, muss dies eindeutig als Werbung gekennzeichnet werden. Dabei geht es nicht immer nur um finanzielle Zuwendungen, sondern auch um materielle.

Fragezeichen bleiben dennoch. Nach wie vor fehlen eindeutige Kriterien, wie detailreich im Gesamtaccount der einzelnen Person eine unternehmerische Tätigkeit herausgestellt werden muss. Falls Sie selbst auf Instagram oder einer ähnlichen Plattform aktiv sind und zunehmend Angst vor rechtlichen Konsequenzen haben, freuen wir uns auf Ihre Kontaktaufnahme.