Unzumutbare Versetzung: LAG Köln stoppt 500 km weiten Arbeitsplatzwechsel

Unzumutbare Versetzung: LAG Köln stoppt 500 km weiten Arbeitsplatzwechsel

Immer mehr Arbeitnehmer arbeiten seit der Pandemie dauerhaft im Homeoffice. Doch was passiert, wenn der Arbeitgeber plötzlich darauf besteht, dass der Arbeitsplatz hunderte Kilometer entfernt liegt? Ein aktuelles Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln zeigt, dass eine solche Versetzung nicht immer zulässig ist.

 

Sachverhalt

Ein langjähriger Mitarbeiter arbeitete über drei Jahre hinweg überwiegend im Homeoffice. Im März 2023 entschied sein Arbeitgeber, den bisherigen Standort zu schließen und forderte ihn auf, seine Tätigkeit ab dem 1. Mai 2023 in einem 500 Kilometer entfernten Büro fortzusetzen. Der Arbeitgeber berief sich dabei auf ein allgemeines Präsenzkonzept und widerrief die bestehende Homeoffice-Erlaubnis ohne konkrete betriebliche Gründe oder Angebote zur Kostenübernahme für den Umzug. Der Arbeitnehmer empfand diese kurzfristige Versetzung als unzumutbar, da sie sein familiäres und soziales Umfeld massiv beeinträchtigte und es nahezu unmöglich war, innerhalb von fünf Wochen eine Wohnung am neuen Standort zu finden.

 

Rechtliche Grundlagen

  • Direktionsrecht des Arbeitgebers: Gemäß § 106 Gewerbeordnung (GewO) kann der Arbeitgeber den Arbeitsort bestimmen. Dieses Recht muss jedoch im Rahmen des billigen Ermessens ausgeübt werden, wobei die Interessen beider Parteien zu berücksichtigen sind.
  • Billiges Ermessen: Es erfordert eine faire Abwägung der persönlichen, logistischen und sozialen Interessen des Arbeitnehmers gegenüber den unternehmerischen Interessen des Arbeitgebers.
  • Widerruf der Homeoffice-Erlaubnis: Auch wenn das Homeoffice nicht vertraglich festgelegt ist, kann eine über Jahre gelebte Praxis ein schutzwürdiges Vertrauen des Arbeitnehmers begründen. Ein einseitiger Widerruf dieser Vereinbarung ist nur bei zwingenden betrieblichen Gründen gerechtfertigt.

 

Entscheidung des LAG Köln

Das Landesarbeitsgericht Köln entschied, dass der Widerruf der Homeoffice-Erlaubnis und die Versetzung des Arbeitnehmers unzulässig waren. Obwohl das Direktionsrecht dem Arbeitgeber grundsätzlich erlaubt, den Arbeitsort zu ändern, müssen dabei die Grenzen des billigen Ermessens eingehalten werden. Im vorliegenden Fall wurden die Interessen des Arbeitnehmers (langjährige Homeoffice-Praxis, familiäre und soziale Bindungen, logistische Herausforderungen) höher gewichtet. Zudem fehlten konkrete betriebliche Gründe, die eine Präsenzpflicht am neuen Standort erforderlich machten. Die kurzfristige Versetzung ohne angemessene Übergangszeit oder Kostenübernahme wurde als unzumutbar bewertet.

 

Fazit zum Urteil

Arbeitgeber müssen bei der Ausübung ihres Direktionsrechts stets die persönlichen Umstände und berechtigten Interessen ihrer Mitarbeiter berücksichtigen. Ein langjährig praktiziertes Homeoffice kann nicht ohne triftige betriebliche Gründe und ohne angemessene Übergangsfristen widerrufen werden. Versetzungen über große Distanzen bedürfen einer sorgfältigen Abwägung und Planung, um die Zumutbarkeit für den Arbeitnehmer sicherzustellen.

Hinweis: Dieser Artikel basiert auf dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 11.07.2024 (Az. 6 Sa 579/23).