Wechsel in anderes Arbeitsteam kann mitbestimmungspflichtige Versetzung sein
Werden Arbeitsteams in einem Betrieb verändert, kann dies trotz gleichbleibender Aufgaben eine mitbestimmungspflichtige Versetzung sein. Das entschied das Landesarbeitsgericht in Thüringen und verwies darauf, dass eine mögliche Veränderung des „Arbeitsregimes“ für den Beschäftigten maßgeblich dafür sei, ob eine Versetzung stattgefunden habe oder nicht.
Werden in einem größeren Betrieb Veränderungen in der Teamzuordnung vorgenommen, kann das eine mitbestimmungspflichtige Versetzung sein. Entscheidend ist laut de Landesarbeitsgericht Thüringen hier, ob der Wechsel in die neue Organisationseinheit ein verändertes „Arbeitsregime“ bedeutet (Urteil vom 09.05.2023, Az.: 1 Ta BV 5/22).
Betriebsrat moniert Vorgehen des Arbeitgebers
Im konkreten Fall hatte ein Unternehmen der Automobilindustrie, das sich mit der Produktion und dem Vertrieb von Autoscheinwerfern beschäftigt, beschlossen, die Teamzuordnung in bestimmten Bereichen der sog. Vorfertigung zu verändern. Im Unternehmen existierte ein 13-köpfiger Betriebsrat, der zunächst nicht in den Vorgang eingebunden war. Es stellte sich die Frage, ob eine Zuweisung innerhalb der Abteilung zu einem anderen Team als „Versetzung“ zu bewerten sei. Da eine Einigung mit dem Arbeitgeber ausblieb, ging der Fall vor Gericht. Da es sich laut dem Gremium um eine mitbestimmungspflichtige Versetzung gehandelt habe, beantragte der Betriebsrat, den Teamwechsel aufzuheben und den Vorgang damit rückgängig zu machen.
Arbeitsgericht gibt Betriebsrat recht
Erstinstanzlich folgte das Arbeitsgericht Suhl dieser Rechtsauffassung und entschied zugunsten des Betriebsrats (Urteil vom 06.10.2021, Az.: 6 BV 11/19). Dabei betonten die zuständigen Richter, dass die „Anforderungen an eine ordnungsgemäße Unterrichtung“ nicht mit einer nachgeholten Mitteilung über den bereits erfolgten Wechsel des Teams nicht erfüllt sei. Das Unternehmen habe nicht, wie gesetzlich geboten, „Angaben zu den Auswirkungen der Maßnahme im abgebenden und aufnehmenden Team“ gemacht.
Landesarbeitsgericht bestätigt Entscheidung
Das Landesarbeitsgericht bestätigte das Urteil nach einer Beschwerde des Arbeitgebers schlussendlich. Der Wechsel stelle „eine Veränderung der Zuordnung innerhalb der betrieblichen Organisation dar“, erklärten die zuständigen Richter. Entscheidend sei, dass im Arbeitsalltag des Mitarbeiters ein „spürbar anderes Arbeitsregime gelte“. Vor allem relevant sei zudem, dass der Wechsel des Teams mit einem neuen Teamleiter einhergehe, der auch der disziplinarisch Vorgesetzte sei und Arbeitsanweisungen und Urlaubsbewilligungen erlassen könne. Außerdem müsse der Beschäftigte andere Aufgaben, die von seiner bislang ausgeführten Tätigkeit abweichen, übernehmen. Das Landesarbeitsgericht ließ die Revision nicht zu, da es sich bei der Entscheidung um eine Einzelfallentscheidung gemäß beschriebener Umstände handelte.
Arbeitnehmer sollten ihre Rechte kennen
Ob eine Versetzung im Sinne von § 95 Abs. 3 BetrVG vorliegt und daher zustimmungspflichtig ist, muss stets im Einzelfall entschieden werden. Jedoch sollten allen voran Arbeitnehmer das Urteil als Signal verstehen, bei Versetzungen genauer hinzuschauen. Schon immer werden diese auch dafür eingesetzt, in Ungnade gefallene Mitarbeiter an schlechtere Positionen zu verschieben. Oftmals werden Versetzungen auch nicht als solche deklariert. Das Urteil aus Thüringen zeigt jedoch, dass es sich lohnt, hier noch einmal genauer hinzusehen.
Falls Sie Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Wechsels Ihrer Tätigkeit im Unternehmen haben sollten, beraten unsere Anwälte Sie jederzeit gerne!