Abrufarbeit: 20 Wochenarbeitsstunden sind die Regel

Abrufarbeit: 20 Wochenarbeitsstunden sind die Regel

Falls keine zusätzliche Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zur Wochenarbeitszeit getroffen wird, gelten für Abrufkräfte die gesetzlich vorgeschriebenen 20 Arbeitsstunden pro Woche, die auch vergütet werden müssen. So entschied es das Bundesarbeitsgericht am 18. Oktober in einem wegweisenden Urteil (5 AZR 22/23).

Eine Abrufkraft aus Nordrhein-Westfalen hatte eine Lohnnachzahlung gefordert, nachdem sie weniger beschäftigt worden war. Die Erfurter Richter sahen keine Ausnahme von der gesetzlichen Regelung.

Bei der Arbeit auf Abruf handelt es sich um ein Teilzeitmodell, bei dem Unternehmen und Angestellte vereinbaren, dass der Arbeitseinsatz nach betrieblichem Bedarf erfolgt. Somit können in einer Woche viele Arbeitsstunden anfallen, in der darauffolgende Woche weniger. Der Beschäftigte arbeitet dabei stets so lange, wie es das Abrufverhalten des Arbeitgebers bestimmt. Doch wie lange ist eigentlich die offizielle Wochenarbeitszeit von Arbeitnehmern, die auf Abruf arbeiten und dazu keine weitere Regelung in ihrem Arbeitsvertrag festgeschrieben ist?

Die Richter des Bundesarbeitsgerichts in Erfurt entschieden am 18. Oktober 2023, dass in diesen Fällen 20 Wochenarbeitsstunden als vereinbart gelten. Nur in Ausnahmefällen könne davon abgewichen werden.

 

Abrufkraft fordert Vergütung für regelmäßige Arbeitszeit

Im vorliegenden Fall war die spätere Klägerin als „Abrufkraft Helferin Einlage“ bei einem Unternehmen der Druckindustrie in Nordrhein-Westfalen beschäftigt. Je nach Bedarf wurde die Frau genau wie ihre Kollegen auch nach Arbeitsanfall beschäftigt. Das ergab in drei aufeinanderfolgenden Jahren einen Zeitendurchschnitt von 103,2 Arbeitsstunden pro Monat. Nach dieser Zeit fielen die Arbeitsstunden dann jedoch rapide ab. Da die Arbeitnehmerin gerne mehr gearbeitet hätte, rief sie das Arbeitsgericht an und forderte die Vergütung von 103,2 Arbeitsstunden im Monat und damit eine Nachzahlung. Schließlich sei das ihre regelmäßige Arbeitszeit durch den kontinuierlichen Abruf in der Vergangenheit.

 

Bundesarbeitsgericht: 20 Wochenarbeitsstunden müssen vergütet werden

Mit Blick auf § 12 Abs. 1 Satz 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz stellten die Erfurter Richter klar, dass die wöchentliche Arbeitszeit für Beschäftigte im Abrufverhältnis 20 Stunden beträgt. Auch wenn der Arbeitgeber die Angestellte weniger als 20 Stunden in der Woche zur Arbeit ruft, ist diese Zeit zu bezahlen, so das Bundesarbeitsgericht. Eine Abweichung von dieser Regelung ist nur in Ausnahmefällen möglich, wenn die gesetzliche Regelung im bestimmten Fall keine sachgerechte ist. Es müssen klar erkennbare objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber bei Vertragsabschluss beidseitig eine von der Norm abweichende Arbeitszeitdauer pro Woche vereinbart hätten. Der fünfte Senat erkannte im vorliegenden Fall keine Ausnahme von der gesetzlichen Regel. Eine ergänzende Vertragsauslegung ergebe sich nicht einfach aus dem Wunsch der Angestellten, mehr zu arbeiten oder dem Abrufverhalten des Arbeitgebers. Jedoch erhielt die Klägerin die Vergütung von 20 Stunden wöchentlich zugesprochen.

 

Abrufarbeit: Das gilt es zu beachten

Das Urteil aus Thüringen setzt klare Leitplanken für Unternehmen und Beschäftigte beim Thema Abrufarbeit. Ist keine bestimmte Dauer der Wochenarbeitszeit im Arbeitsvertrag festgelegt, gilt automatisch die angenommene Vereinbarung von 20 Arbeitsstunden pro Woche. Falls Sie das als Unternehmen oder Beschäftigter nicht festlegen möchten, sollten Sie die von der Norm abweichende Wochenarbeitszeit unbedingt im Arbeitsvertrag festschreiben.