„Bastard“ Kündigung wegen Beleidigung auch ohne Abmahnung möglich
Beleidigt ein Mitarbeiter einen Arbeitskollegen mit dem Begriff „Bastard“, kann dies zu einer ordentlichen Kündigung auch ohne einschlägige Abmahnung führen. So entscheid es das Landesarbeitsgericht Hamm in einem Urteil vom 20. Januar 2022 (18 Sa 645/21).
Im konkreten Fall hatte eine Mitarbeiterin, die seit 2009 als Verkäuferin in einem Betrieb angestellt war, im Dezember 2019 ein Streitgespräch mit einem weiteren Verkäufer geführt. In diesem soll die Angestellte dem Mann unter anderem fehlende Erziehung vorgeworfen und mit dem Wort „Bastard“ beleidigt haben. Im Anschluss habe sich die Mitarbeiterin in das Büro der Teamleitung begeben, um Konsequenzen für den Angestellten zu fordern. Dabei führte sie ein Gespräch mit einem stellvertretenden Teamleiter und einem Betriebsratsmitglied, der während des Streitgesprächs im naheliegenden Lagerbereich tätig war.
Personen- und verhaltensbedingte Gründe: Arbeitgeber möchte Arbeitsverhältnis kündigen
War der Mitarbeiterin, die verheiratet ist und zwei Kinder hat, in den Jahren 2014 und 2016 noch ein überdurchschnittliches Arbeits- und Sozialverhalten bescheinigt worden, wurde sie im Jahr 2018 einmal, im Jahr 2019 sogar dreimal abgemahnt. Eine Abmahnung im Mai 2019 wog dabei besonders schwer. Diese wurde mit einer Differenz in der Kasse und unangemessenem Verhalten gegenüber Arbeitskollegen und Kunden begründet. Am 6. Januar 2020 meldete der Arbeitgeber nun dem Betriebsrat, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund personen- und verhaltensbedingter Gründe gekündigt werden solle. Der Betriebsrat stimmt diesem Vorhaben zu. Mit einem Schreiben vom 8. Januar 2020 wurde eine Kündigung zum 30. Juni 2020 ausgesprochen. Die Mitarbeiterin erhob Kündigungsschutzklage, das zuständige Arbeitsgericht gab der Klage statt. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass keine erhebliche Pflichtverletzung vorgelegen habe. Eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung sei nicht gerechtfertigt.
Landesarbeitsgericht kassiert Urteil: Kündigung ist möglich
Das Landesarbeitsgericht hat die Entscheidung des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage der Angestellten abgewiesen. Die ausgesprochene Kündigung ist somit rechtswirksam. Die Richter des Landesarbeitsgerichts verwiesen in ihrer Urteilsbegründung darauf, dass es sich beim Wort „Bastard“ um eine besonders schwere Beleidigung handele. Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme sei es klar, dass die Mitarbeiterin den Kollegen in dieser Form beleidigt hatte. Damit habe sie den Geschädigten als Menschen von illegitimer Abstammung bezeichnet und damit in der Ehre gekränkt. Schon aufgrund der im Mai 2019 erfolgten Abmahnung hätte der Mitarbeiterin klar sein müssen, dass der Arbeitgeber Beleidigungen nicht duldet und diese als arbeitsvertragliche Pflichtverletzung einstuft. Ebenso stehe einer ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrates nach Paragraf 102 des Betriebsverfassungsgesetzes nicht entgegen, dass der Arbeitgeber, die sich aus der Steuerkarte des Arbeitnehmers objektiv unzutreffenden Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers mitteilt, ohne weitergehende Ermittlungen zu bemühen. Dies sei keine unzulässige Benachteiligung von Frauen.