Bürokratie ade? Die Textform ersetzt die Schriftform

Bürokratieentlastungsgesetz: Die Textform ersetzt die Schriftform

Viele Arbeitnehmer und Arbeitgeber kennen das Problem: Auf offiziellen Dokumenten fehlt die händische Unterschrift des Chefs oder Mitarbeiters und das entsprechende Dokument ist damit quasi unbrauchbar. Doch damit soll jetzt zumindest teilweise Schluss sein. Am 13. März 2024 hat der Deutsche Bundestag das 4. Bürokratieentlastungsgesetz beschlossen, das auch große Teile des Arbeitsrechts betrifft.

So soll die Schriftform beispielsweise in Arbeitsverträgen oder Arbeitszeugnissen zukünftig wegfallen. Doch schaffen die geschaffenen rechtlichen Veränderungen tatsächlich die erhoffte bürokratische Erleichterung? Oder bleibt Deutschland weiter das Bürokratieland Nummer eins? Erfahren Sie jetzt mehr zum Bürokratieentlastungsgesetz und zu den Auswirkungen auf ihr Arbeitsumfeld in unserer Zusammenfassung.

 

Was ist der Unterscheid zwischen Text- und Schriftform?

Einfach zusammengefasst ist es bei der Schriftform gemäß § 126 BGB notwendig, eine eigenhändige Unterschrift unter das entsprechende Dokument zu setzen. Werden in entsprechenden Dokumenten wie befristeten Arbeitsverträgen oder Kündigungen die Regeln der Schriftform nicht beachtet, werden sie unwirksam. Auch eingescannte Unterschriften zählen hier nicht.

Anders sieht es bei der Textform nach § 126b BGB aus. Hier ist keine eigenhändige Unterschrift des Unterzeichners notwendig, sondern nur eine lesbare Erklärung, die den Erklärenden nennt und auf Dauer auf einem Datenträger abgelegt wird. Somit zählen darunter auch beispielsweise E-Mails oder Nachrichten in Chatprogrammen.

 

Warum wurden Arbeitsverträge bislang oft in der Schriftform abgeschlossen?

Was einige Arbeitnehmer und Arbeitgeber nicht wissen dürften: Arbeitsverträge können auch ohne Schriftform abgeschlossen werden. Theoretisch reicht ein Handschlag oder eine WhatsApp-Nachricht für einen Arbeitsvertrag aus. Doch mussten spätestens seit 1. August 2022, als das Nachweisgesetz entsprechend geändert wurde, Arbeitgeber Sorge dafür tragen, dass die elementaren Vertragsbedingungen schriftlich festgehalten und dem Arbeitnehmer zur Verfügung gestellt werden. Dazu gehören unter anderem die geleistete Tätigkeit und Arbeitszeit, der reguläre Arbeitsort sowie Pausenregelungen. Somit bürgerte es sich noch mehr ein, Arbeitsverträge direkt in Schriftform abzuschließen.

 

Was ändert sich jetzt konkret?

Durch die neueste Gesetzesänderung genügt nun die Textform für den Nachweis der oben beschriebenen elementaren Vertragsbedingungen. Somit ist es in Zukunft möglich, Arbeitsverträge komplett digital abzuschließen. Jedoch gibt es hier einige Voraussetzungen, die unbedingt beachtet werden müssen:

  • Das Dokument muss für den Arbeitnehmer zugänglich sein.
  • Das Dokument muss gespeichert und ausgedruckt werden können.
  • Der Arbeitgeber erhält einen Übermittlungs- und Empfangsnachweis.
  • Eine Ausnahme: Die Vertragsbedingungen müssen arbeitgeberseitig schriftlich erbracht werden, wenn es der Arbeitnehmer verlangt.

 

Gibt es Berufe, in denen der Arbeitsvertrag weiter in Schriftform erbracht werden muss?

Ja. Das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz setzt einen Rahmen dafür, in welchen Branchen die elementaren Vertragsbedingungen weiterhin in Schriftform erfolgen müssen. Hierunter fallen Berufe im:

  • Baugewerbe,
  • Transportgewerbe,
  • Logistikgewerbe,
  • Wach- und Sicherheitsgewerbe und
  • Gaststättengewerbe.

 

Wie sieht es bei befristeten Arbeitsverträgen aus?

Achtung bei befristeten Arbeitsverträgen: Hier zählt weiterhin die Schriftform! Wird die Schriftform bei einer Befristung nicht gewahrt, ist diese unwirksam und der Arbeitnehmer somit unbefristet angestellt. Die Neuregelung für Arbeitsverträge in Textform gilt somit für unbefristete Arbeitsverhältnisse. Ein weiteres, unbedingt zu beachtendes Detail: Die sog. Rentenklausel, wonach Mitarbeiter, die in Rente gehen, automatisch aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, ist unbedingt weiterhin in Schriftform festzuhalten. Ein rein digitaler Arbeitsvertrag reicht hier nicht aus und kann dazu führen, dass das Arbeitsverhältnis über das Renteneintrittsalter hinaus besteht.

 

Arbeitszeugnis: In Der Zukunft auch in elektronsicher Form möglich?

Bislang schloss § 630 BGB explizit aus, dass ein Arbeitszeugnis in elektronsicher Form erteilt werden darf. Nun soll ermöglicht werden, dass die Zeugniserteilung auch in elektronsicher Form erfolgen kann. Doch auch hier gelten Voraussetzungen: Der Name des Ausstellers muss auf dem Zeugnis stehen und eine elektronische Signatur beigefügt sein. Darüber hinaus muss der elektronischen Form arbeitnehmerseitig zugestimmt werden.

 

Sonderpunkt zur elektronischen Signatur

An dieser Stelle erreicht der Bürokratieabbau seine Grenzen. Denn bei Verwendung einer elektronischen Signatur darf nicht abgeleitet werden können, dass das Arbeitszeugnis rückdatiert wurde. Das ist regelmäßig bei arbeitsgerichtlichen Verfahren oder Korrekturen des Zeugnisses der Fall. Somit dürfte die Schriftform hier weiter Vorrang haben.

 

Trotz Textform: Die Schriftform ist teilweise weiter notwendig

Trotz der neuen Schritte in Richtung Bürokratieabbau bleibt die Schriftform für Arbeitgeber in vielen Fällen weiter notwendig. Bei befristeten Arbeitsverträgen und Rentenklauseln kann die reine Textform schwerwiegende Nachteile für das Unternehmen mit sich bringen. Auch bei Arbeitszeugnissen muss allen voran bei Streitfällen weiterhin auf die Schriftform gesetzt werden. In Anbetracht der vielen Ausnahmen bleibt abzuwarten, ob die Gesetzesänderung tatsächlich Bürokratieabbau mit sich bringt.