Entscheidung um Bahncard 100 für ein Betriebsratsmitglied ist nicht eilbedürftig

Entscheidung um Bahncard 100 für ein Betriebsratsmitglied ist nicht eilbedürftig

Im Rechtsstreit um eine Bahncard 100 für den Betriebsratsvorsitzenden eines Unternehmens besteht keine Eilbedürftigkeit. Dies entschied das Landesarbeitsgericht Köln in einem Beschluss vom 28. Juli 2022 (6 TaBVGa 4/22). Die Entscheidung im Hauptverfahren, ob der Arbeitgeber dem Betriebsratsvorsitzenden eine Bahncard 100 zur Verfügung stellen muss, da dies in einer Gesamtbetriebsvereinbarung so vorgesehen ist, steht noch aus.

Der Streit um eine Bahncard 100 für den Betriebsratsvorsitzenden eines Unternehmens hat keine Eilbedürftigkeit. Das entschied das Landesarbeitsgericht Köln in einem Beschluss vom 28. Juli 2022 und wies die Beschwerde des Betriebsrats ab. Eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren steht noch aus.

 

Betriebsratsvorsitzender will Bahncard 100, Arbeitgeber stellt keine zur Verfügung

Im konkreten Fall hatten der Arbeitgeber, der sich mit dem Handel von Sportartikeln befasst, und der Betriebsrat im Eilverfahren um die Entscheidung zu einer Bahncard 100 für ein Betriebsratsmitglied gestritten. In einer Gesamtbetriebsvereinbarung des Betriebs ist festgeschrieben, dass der Sportartikelhändler freigestellten Mitgliedern des Betriebsrats eine vollständige Rückerstattung ihrer Reiskosten gewährleistet oder eine Bahncard 100 zur Verfügung gestellt. Der Betriebsratsvorsitzende entschied sich hierbei für die Bahncard, welche er jedoch nicht erhielt. Der Versuch, den Betrieb durch Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Bereitstellung der Bahncard zu verpflichten, scheiterte vor dem Arbeitsgericht. Dieses wies den Antrag ab.

 

Fehlender Verfügungsgrund: Hauptsacheverfahren muss abgewartet werden

In der Hauptsache wird geprüft werden, ob tatsächlich der Anspruch des Betriebsratsmitglieds auf die Bahncard 100 besteht. Die Entscheidung im Eilverfahren ist schon rechtskräftig. Die zuständigen Richter des Landesarbeitsgerichts Köln begründeten ihre Entscheidung mit dem fehlenden Verfügungsgrund. Dieser besteht nur, wenn das Abwarten der Entscheidung im Hauptverfahren dem Kläger nicht zuzumuten ist. Im vorliegenden Fall sei diese Unzumutbarkeit nicht offensichtlich, ebenso wenig schwerwiegende Nachteile für den Betriebsratsvorsitzenden. Hier führten die Richter in Köln drei Gründe auf:

  • Der Betriebsratsvorsitzende könne die Reisen ohne eigenen Kostenaufwand durch das Verfahren der sog. Travel Sheets durchführen. Ebenso sei über den Sommer das kostengünstige 9-Euro-Ticket für den Nahverkehr vorhanden gewesen.
  • Zudem ist eine Erstattung der Reiskosten beim Arbeitgeber, sogar vor Reiseantritt, jederzeit möglich. Damit entfällt das Argument fehlender liquider Mittel, dass der Betriebsratsvorsitzende anbrachte. Eine Bahncard 100, so die Kölner Richter, verkleinere nicht die finanzielle Notlage, sondern verschärfe sie sogar: Aufgrund eines weit kleineren Reiskostenaufkommens müsste der Vorsitzende die Gewährung der Bahncard 100 weitgehend als geldwerten Vorteil versteuern.
  • Der Betriebsrat habe zudem keine Prüfung der Erforderlichkeit seiner Reisen zu Betriebsstätten zu befürchten. Nicht einen Fall konnte der Betriebsrat nennen, bei dem eine Reise zu auswärtigen Betriebsstätten vom Arbeitgeber abgelehnt worden sei.

 

Entscheidung im Hauptverfahren steht noch aus

Festzuhalten ist, dass die Gewährung einer Bahncard 100 durch den Betrieb keine Eilbedürftigkeit hat. Zu groß sind die Möglichkeiten durch beispielsweise die Erstattung der Reisekosten, als dass ein schwerwiegender Nachteil für den Betriebsratsvorsitzenden entsteht. Vielmehr ist zu beachten, dass die Gewährung einer Bahncard 100 einen nicht geringen geldwerten Vorteil darstellt, wenn diese auch für Privatfahrten genutzt wird. Im Hauptsacheverfahren wird es spannend zu beobachten sein, ob die Gesamtbetriebsvereinbarung greift und der Vorsitzende somit seine Bahncard 100 erhält. Bislang haben die Richter offengelassen, ob die Gewährung eines solch großen Vorteils an den Vorsitzenden des Betriebsrates aus Gründen der Freistellung gegen das Begünstigungsverbot verstoßen könnte. Die Gewährung der Bahncard scheint jedenfalls lange nicht so sicher, wie der Betriebsrat das glaubt.