Kein Anspruch auf Zahlung einer tariflichen Erschwerniszulage bei Tragen einer einfachen OP-Maske

Erschwerniszulage bei Tragen einer einfachen OP-Maske

Arbeitgeber müssen ihren Angestellten keine tarifliche Erschwerniszulage bezahlen, wenn diese verpflichtet werden, eine einfache OP-Maske zu tragen. So entschied es das Landesarbeitsgericht Stuttgart in einem Urteil vom 23. März 2022 (2 Sa 31/21). Im konkreten Fall hatte der Angestellte einer Glas- und Gebäudereinigung auf mehrere hundert Euro Erschwerniszulage geklagt. Eine Revision an das Bundesarbeitsgericht ist möglich.

Ein seit 1992 Angestellter in einem Betrieb der Glas- und Gebäudereinigung hat seinen Arbeitgeber auf Zahlung von mehreren Hundert Euro Erschwerniszulage verklagt. Doch das Landesarbeitsgericht wies die Klage – wie schon vorinstanzlich das Arbeitsgericht Stuttgart – zurück. Das Tragen einer einfachen OP-Maske stelle keine solche Erschwernis dar, die eine zehnprozentige Erschwerniszulage rechtfertige.

 

Glas- und Gebäudereiniger verlangt Erschwerniszulage für das Tragen einer OP-Maske

Im konkreten Fall wurde ein Glas- und Gebäudereiniger von seinem Arbeitgeber zu Dienstleistungen in Kundenobjekten eingesetzt. In einer E-Mail vom 20. Mai 2020 teilte ein Kunde mit, dass innerhalb seines Standorts Corona-Schutzmaßnahmen anzuwenden seien. Dies umfasste – neben Sicherheitsabständen von zwei Meter – regelmäßigem Händewaschen und einem Aufenthaltsverbot von mehr als einer Person in Aufzügen und Raucherkabinen auch die Tragepflicht eines Mund-Nasen-Schutzes im gesamten Gebäude. So trug der Kläger infolge der Weisung des Kunden ab dem 25. Mai 2020 einen Mund-Nasen-Schutz in dessen Gebäuden. Zudem habe der Objektleiter des Unternehmens gefordert, während der Arbeitszeit eine medizinische Maske zu tragen. Diese wurde den Angestellten zur Verfügung gestellt. Der Arbeitnehmer führte später aus, dass die Masken als Atemschutzmasken im Sinne der Tarifnorm anzusehen seien. Auch das Tragen von medizinischen Masken könnte zu gesundheitlichen Einschränkungen führen. Daher bestehe der Anspruch auf Erschwerniszulage ab dem Zeitpunkt der Trageanordnung.

 

Klage abgewiesen: Mund-Nasen-Schutz ist nicht Atemschutzmaske nach Tarifnorm

Der Kläger verlangte für die Monate Juni bis Dezember 2020 zusätzlich zwischen 73,33 Euro und 242,68 Euro brutto Erschwerniszulage pro Monat. Das Unternehmen beantragte, die Klage abzuweisen. Während eine Atemschutzmaske im Sinne der Tarifnorm vor Schadstoffen aus der Umgebungsluft schütze, schütze die im Objekt zu tragende OP-Maske allen voran Dritte vor möglichen virenbelasteten Aerosolen des Trägers, so die Beklagte. Schließlich wies das Landesarbeitsgericht in Stuttgart die Klage – wie schon vorinstanzlich das Arbeitsgericht Stuttgart – zurück. Der Kläger hat somit keinen Anspruch auf die Zahlung einer tariflichen Erschwerniszulage. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass es sich nach dem Wortlaut der Tarifnorm bei einem Mund-Nasen-Schutz nicht um eine Atemschutzmaske im Sinne von § 10 Ziff. 1.2 RTV handelt. Dieser Unterschied ist auch aus dem Bedeutungsinhalt der Wörter abzulesen. Nach den Definitionen verschiedener Lexika dienen Atemschutzmasken dem Schutz vor giftigen Dämpfen und Staubpartikeln, die durch die Arbeit ausgelöst werden. Medizinische Masken schützen die anwesenden Personen vor der möglichen Ansteckung einer Krankheit durch den Träger der Maske. Ein Mund-Nasen-Schutz erfüllt somit nicht die Maßstäbe einer Atemschutzmaske im Sinne der Tarifnorm.

 

Nicht die Arbeit mit jeder Atemschutzmaske ist zuschlagspflichtig

Zudem zeigt der tarifliche Gesamtzusammenhang, dass nicht jede Arbeit mit einer Atemschutzmaske einen Zuschlag rechtfertigt. Nach § 10 Ziff. 1.2 RTV sind dies lediglich Arbeiten, bei denen die Atemschutzmaske Teil einer persönlichen Schutzausstattung der Beschäftigten ist. Zuschläge sind nur dann zu bezahlen, wenn Erschwernisse im Zusammenhang mit dem Tragen einer persönlichen Schutzausrüstung, dem Arbeiten in besonderen Räumen und Einrichtungen und bei einer Verlängerung der Arbeitszeit vorliegen. Eine eher locker sitzende OP-Maske begründet eine Erschwerniszulage hingegen nicht.

Eine Revision an das Bundesarbeitsgericht ist möglich.