Minderstunden - Minusstunden - Unterstunden

Minusstunden: Rechte und Pflichten für Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Viele Arbeitnehmer kennen das Problem – obwohl sie bereit sind, ihr vertraglich vereinbartes Stundensoll zu erfüllen, kommt es zu Minusstunden. Diese können sich aus den verschiedensten Gründen ergeben, die entweder in der Verantwortung des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers liegen.

Doch wie umgehen mit Minusstunden? Was darf der Arbeitgeber? Welche Rechte stehen dem Arbeitnehmer zu? Wir klären für Sie die wichtigsten Fragen.




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Was sind Minusstunden und wie entstehen sie?

Minusstunden entstehen, wenn der Arbeitnehmer weniger als die im Arbeitsvertrag vereinbarte Wochenarbeitszeit ableistet. Die Vorteile von Minusstunden bestehen sowohl für Arbeitgeber wie auch für Arbeitnehmer in einer erhöhten Flexibilität. Hierzu ein einfaches Beispiel:

Zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist eine Wochenarbeitszeit von 40 Stunden vereinbart worden. Der Arbeitnehmer leistet in einer Woche jedoch tatsächlich lediglich 37 Stunden an Arbeitszeit. Dadurch entstehen in dieser Woche 3 Minusstunden.

Andere gängige Bezeichnung sind Unterstunden oder Minderstunden. Um diese zu erfassen, muss jedoch ein Arbeitszeitkonto vorhanden sein. Sofern dies nicht der Fall ist, sollten die Stunden zur Aufrechterhaltung der Vertrauensbasis dringend auch tatsächlich nachgeleistet werden.

Häufige Ursachen für das entstehen von Minusstunden sind:

  • Überzogene Pausen
  • Ein verspäteter Arbeitsbeginn oder vorgezogener Feierabend
  • Private Erledigungen während der Arbeitszeit
  • Unausgewogene Arbeitseinsatzpläne durch den Arbeitgeber



Wann darf der Arbeitgeber keine Minusstunden anrechnen?

Immer wieder kommt es vor, dass Arbeitgeber versuchen, auch vertraglich oder gesetzlich vorgesehene Fehlzeiten mit Minusstunden zu belegen und so den Arbeitnehmer zu einer Mehrarbeit zu bringen. Es gibt jedoch Fälle, in denen es dem Arbeitgeber untersagt ist, Minusstunden zu erfassen.

  • Dies ist beispielsweise bei einer Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit der Fall. Hier sieht das Entgeltfortzahlungsgesetz ausdrücklich vor, dass dem Arbeitnehmer aus der Krankheit keine Nachteile, insbesondere in Form von Unterstunden entstehen dürfen.
  • Auch an gesetzlichen Feiertagen greift das Entgeltfortzahlungsgesetz. Demnach handelt es sich auch in diesem Fall nicht um eine Minderleistung der Arbeitszeit.
  • Ebenso liegt der Fall beim Erholungsurlaub. Der Anspruch auf den Urlaub ergibt sich aus dem Bundesurlaubsgesetz. Auch hier gilt, dass diese Zeit nicht als Unterstunden erfasst werden darf.

Ein Nacharbeiten der versäumten Arbeitszeit wegen einer Erfassung als Minusstunden ist daher nicht zulässig. Sofern Sie eine entsprechende Minusstundenerfassung feststellen, sollten Sie zunächst das Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber suchen. Häufig handelt es sich hier schlicht um einen versehentlichen Buchungsfehler.

Wenn sich jedoch herausstellt, dass die Zeit bewusst als Minderstunden erfasst wurde, sollten sie sich zeitnah rechtlich beraten lassen.




Darf der Arbeitgeber bei beruflichen Fortbildungen Minusstunden anrechnen?

Auf diese Frage gibt es keine pauschale Antwort. Es kommt hier immer auf den konkreten Einzelfall an. Entscheidend ist, wer die Verantwortung für die Fortbildung übernommen hat. Dies kann entweder in der Verantwortung des Arbeitgebers, des Arbeitnehmers oder bei einer Vereinbarung zur Fortbildung eine geteilte Verantwortung sein.

Hat der Arbeitgeber die Fortbildung angeordnet, etwa weil diese für eine Zertifizierung notwendig ist oder die Sicherung der Qualitätsstandards fördern soll, darf er Ihnen keine Minusstunden eintragen.

Will sich jedoch der Arbeitnehmer auf eigene Verantwortung fortbilden, kommt es darauf an, ob er einen Anspruch auf Bildungsurlaub geltend machen kann. Sofern der Anspruch besteht, dürfen während des Bildungsurlaubs keine Unterstunden erfasst werden. Besteht dieser Anspruch nicht, dann kann der Arbeitgeber grundsätzlich Minderstunden eintragen.

Sofern zwischen beiden Parteien eine Vereinbarung über die Fortbildung getroffen wurde, gilt die in dieser Vereinbarung getroffene Regelung für die Arbeitszeit.




Kann ich von meinem Arbeitgeber zu Minusstunden gezwungen werden?

Auch diese Situation kennen viele Arbeitnehmer. Wenn es aufgrund von Lieferengpässen oder einer zeitweilig geringen Auftragslage wenig zu tun gibt, schickt der Arbeitgeber einen Teil seiner Belegschaft nach Hause.

In vielen Fällen taucht dann im Arbeitszeitkonto oder auf dem Stundenzettel eine Erfassung dieser ausgefallenen Arbeitszeit als Minderstunden auf. Doch ein solches Vorgehen ist nicht rechtmäßig. Die Auslastungsgefahr für den Betrieb trägt der Arbeitgeber. Sofern zeitweilig nicht ausreichend Arbeit vorhanden ist, darf dies nicht zulasten der einzelnen Arbeitnehmer gehen. Der Arbeitgeber muss also solche Arbeitsausfallzeiten grundsätzlich voll bezahlen.

Eine Ausnahme besteht lediglich dann, wenn im Arbeitsvertrag ausdrücklich geregelt ist, dass es zu Schwankungen bei der Wochenarbeitszeit kommen kann und diese über ein Arbeitszeitkonto aufgefangen und ausgeglichen werden. Dies ist insbesondere bei Arbeitsstellen der Fall, die saisonbedingten Schwankungen unterliegen.


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Gibt es eine Höchstgrenze für Minusstunden?

Sofern die Möglichkeit von Minusstunden nicht im Arbeitsvertrag vorgesehen ist, liegt mit einer Unterschreitung der vereinbarten Wochenarbeitszeit eine Pflichtverletzung desjenigen vor, der die Minderstunden zu verantworten hat. Minusstunden sind daher grundsätzlich eigentlich nicht erlaubt. Sie können daher auch zu Sanktionen wie Abmahnungen oder Gehaltskürzungen führen. Eine gesetzliche Regelung hierzu existiert nicht.

Etwas anderes gilt nur, wenn im Arbeits- oder Tarifvertrag entsprechende Regelungen zu Arbeitszeitschwankungen oder Minusstunden enthalten sind. Sofern diese Regelungen keine Obergrenzen vorsehen, kommt es wie so häufig auf den konkreten Einzelfall an. Entscheidend sind die Arbeitsbedingungen in einer Gesamtschau und die Besonderheiten der jeweiligen Branche. Auch besteht die Möglichkeit, die Anzahl von zulässigen Minderstunden zu erhöhen, etwa weil der Arbeitnehmer die Kinderbetreuung bei Kita- und Schulschließungen sicherstellen muss. Jedoch sollte hierbei immer beachtet werden, dass das Arbeitszeitkonto langfristig wieder ausgeglichen werden muss. Die Fehlzeiten müssen also über kurz oder lang nachgearbeitet werden.




Darf das Gehalt wegen Minusstunden gekürzt werden?

Ja, das ist unter Umständen möglich. Entscheidend ist jedoch, wer die Minderstunden zu verantworten hat. Wurden diese vom Arbeitgeber angeordnet, darf er das Gehalt nicht kürzen. Fallen diese in die Verantwortung des Arbeitnehmers, ist eine Gehaltskürzung grundsätzlich möglich. Jedoch müssen auch hier bestimmte Grenzen beachtet werden. So darf das Gehalt beispielsweise nicht über die bestehende Pfändungsfreigrenze hinaus gekürzt werden.

Sofern die Möglichkeit von Minusstunden im Arbeitsvertrag vorgesehen ist, sind die Hürden zur Gehaltskürzung jedoch etwas höher. Eine vertragliche Regelung zu Minderstunden kann zudem durch eine nachträgliche Vereinbarung, die auch mündlich geschlossen werden kann, ergänzt werden.

Liegt eine solche Regelung vor, dann muss dem Arbeitnehmer zunächst die Möglichkeit eingeräumt werden, versäumte Zeit nachzuarbeiten.

Zudem muss sich der Arbeitgeber etwaige Einsparungen durch die Nichtbeschäftigung, sofern solche eingetreten sind, anrechnen lassen.




Wie wehre ich mich gegen unrechtmäßige Gehaltskürzungen durch den Arbeitgeber?

Sofern eine unrechtmäßige Gehaltskürzung vorliegt, sollen Sie keine Zeit verlieren, um zu handeln. In vielen Arbeitsverträgen sind relativ kurze Ausschlussfristen geregelt, wonach dem Arbeitnehmer nur wenige Monate bleiben, um ausgebliebene Lohnzahlungen geltend zu machen.

Zunächst sollten die Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht werden. Sofern dies mit einer entsprechenden Begründung geschieht, kommt es in einigen Fällen dazu, dass die ausstehende Lohnforderung umgehend nachgezahlt wird.

Wenn der Arbeitgeber weiterhin stur bleibt, hilft nur der Gang zum Arbeitsgericht. Dort können Sie das Ihnen zustehende einbehaltene Gehalt einklagen. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass vor dem Arbeitsgericht in der ersten Instanz jede Partei ihre Kosten selbst tragen muss. Es ist daher empfehlenswert, eine Rechtsschutzversicherung abzuschließen, welche auch das Arbeitsrecht umfasst. Denn in diesen Fällen trägt die Rechtsschutzversicherung mit Ausnahme einer ggf. vereinbarten Selbstbeteiligung alle anfallenden Kosten für die Rechtsberatung, die außergerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts und die Klageerhebung.




Was geschieht mit bestehenden Minderstunden bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses?

Egal ob das Arbeitsverhältnis durch Zeitablauf, Kündigung oder Aufhebungsvertrag beendet wird. Für die Behandlung der Minusstunden kommt es immer auf die bestehenden Vereinbarungen an. Häufig entbrennt hierüber ein Streit zwischen dem Arbeitgeber und dem ausscheidenden Arbeitnehmer.

Nicht in jedem Fall darf der Arbeitgeber die versäumte Arbeitszeit mit dem letzten Gehalt verrechnen.

Entscheidend ist, wer die Minderstunden zu verantworten hat, ob ein Arbeitszeitkonto besteht und was vertraglich vereinbart wurde. Ein Gehaltsabzug ist nur in den Fällen möglich, in denen der Arbeitnehmer die Versäumung der Arbeitszeit zu verantworten hat.




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