„Quiet quitting“: Kündigung bei „Dienst nach Vorschrift“?

„Quiet quitting“: Kündigung bei „Dienst nach Vorschrift“?

Der Begriff „quiet quitting“ hat durch Social-Media und die Unterhaltungsapp Tiktok eine größere Aufmerksamkeit generiert. Doch was bedeutet dieser Begriff im Detail und wie ist das entsprechende Verhalten vom Arbeitsrecht gedeckt? Wir bringen Licht ins Dunkel und zeigen auf, wann „quiet quitting“ eine Kündigung nach sich ziehen kann.

Überstunden gehören für viele Deutsche zum Arbeitsalltag dazu. Verlangt der Chef, dass der Arbeitnehmer noch länger im Büro verharren muss als vertraglich vereinbart, kommen die meisten Angestellten dieser Pflicht nach. Daten des statistischen Bundesamts legen offen, dass zwölf Prozent der arbeitenden Bevölkerung im vergangenen Jahr Überstunden leistete. Eine enorme Zahl.

Die Generation Z möchte damit jetzt Schluss machen. Zaid Zeppelin, bekannter Star der Unterhaltungsapp TikTok, hat den Begriff „quiet quitting“ in einem mehrere Millionen Mal geklickten Video in die Welt gesetzt. Dabei wird die einfache Übersetzung des Begriffs mit „innere Kündigung“ der wahren Intension des Wortes nicht gerecht. Quiet quitting bedeutet, im Job nur das zu leisten, für das der Arbeitnehmer auch bezahlt wird. Allison Peck, Karriereberaterin aus den USA, fasste kürzlich zusammen: „Quiet quitting bedeutet sich von der Idee und Vorstellung zu verabschieden, dass ich als Arbeitende übers Limit hinaus gehe, Überstunden und Extra-Arbeit mache, die vertraglich gar nicht von mir verlangt werden.“ Quit Quitter kündigen ihre Arbeit nicht, sondern sind nicht bereit, für zusätzliches Engagement über vertragliche Vereinbarungen hinaus zu arbeiten.

 

Quiet quitting vs. Low-Performance: Arbeitsrechtliche Konsequenzen sind möglich

Dabei ist notwendig, die oftmals vermischten Begriffe der Low-Performance und quiet quitting sauber voneinander zu trennen. Bei sogenannten Low-Performern spricht man in der Regel von Angestellten, die mit ihrer Arbeitsleitung weit unter den objektiv messbaren Durchschnitt der Normalleistung fallen. Dafür können unterschiedliche Gründe wie das Alter oder das körperliche Wohlergehen eines Arbeiters verantwortlich sein. In diesen Fällen spricht man von einer personenbedingten Low-Performance des Arbeitnehmers. Von einer verhaltensbedingten Low-Performance ist die Rede, wenn der Angestellte zu mehr Leistung in der Lage wäre, diese aber nicht abrufen möchte.

Allgemein gilt: Bleibt die Arbeitsleistung unter einem Drittel der Normalleistung, kommt eine Kündigung infrage. Bei nachweisbarer, verhaltensbedingter Low-Performance sind sogar geringere Abweichungen von der normalen Arbeitsleistung kündigungsrelevant, da der Arbeitnehmer während seiner Tätigkeit subjektiv sein Bestes geben muss.

 

Quiet Quitter haben weniger Chancen auf Boni und Beförderung

Dies tun Arbeitnehmer beim quiet quitting durchaus. Leistungsfähigkeit und Leistungswille sind hier durchaus vorhanden. Jedoch erfolgt diese nur im vertraglich vereinbarten, zeitlichen Rahmen. Überstunden, Mehrarbeit und extra Projekte fallen beim Dienst nach Vorschrift komplett weg. Zu befürchten haben Arbeitnehmer, die quiet quitting betreiben, vorerst jedoch nichts: Solange der Angestellte die im Vertrag festgeschriebenen Vorgaben einwandfrei erfüllt, kann es keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen geben. Jedoch nehmen sich Quiet Quitter selbst die Chance, Bonuszahlungen zu erhalten oder im Unternehmen aufzusteigen. Denn der Arbeitgeber darf bei diesen Leistungen durchaus das Engagement seiner Mitarbeiter zu Mehrarbeit betrachten und in seine Bewertung, beispielsweise bei Auszahlung eines Bonus, einbeziehen.

 

Quiet quitting: Die Zukunft des Arbeitsmarktes?

Werden die Begriffe Quiet Quitting und Low-Performance in Zukunft schärfer voneinander getrennt, kann es durchaus sein, dass ersteres seinen negativen Beigeschmack verliert und ein Leitbild des zukünftigen Arbeitsmarkts werden könnte. Rücksichtnahme zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern könnten wachsen und Arbeiter motivierter zum Dienst erscheinen. Eine langfristige Bindung zwischen den beiden Parteien könnte durch dieses neue Modell wahrscheinlicher werden, da die Mitarbeiter weniger mit Überarbeitung zu kämpfen haben.

 

Überstunden: Vertragliche Vereinbarung ist sinnvoll

In der sich veränderten Arbeitswelt sollten Arbeitgeber in Zukunft darauf achten, Überstundenregelungen in ihre Arbeitsverträge aufzunehmen und so klar wie möglich zu formulieren. Standardarbeitsverträge enthalten diese Vereinbarungen bereits. Damit versichert sich der Arbeitgeber, Überstunden in gewissen Fällen anordnen zu können. Zudem spielt auch der Verdienst der Mitarbeiter eine Rolle. Bei hohen Jahresgehältern ist die Erwartungshaltung des Betriebs an den Arbeitnehmer höher als bei Angestellten mit geringeren Gehältern. Dies ist bei der Anordnung von Überstunden auch immer zu bedenken.