Keine verlängerte Kündigungsfrist bei Hausangestellten

Urteil des BAG – Keine verlängerten Kündigungsfristen nach § 622 Abs. 2 BGB für Hausangestellte

Das Bundesarbeitsgericht hat in einem aktuellen Urteil klargestellt, dass die gesetzlich vorgesehene Verlängerung der Kündigungsfristen gem. § 622 Abs. 2 BGB nicht für Angestellte in privaten Haushalten gelten. Zwar liege eine Ungleichbehandlung mit betrieblich Angestellten vor, diese sei jedoch gerechtfertigt.

BAG Urteil vom 11.06.2020 – Az.: 2 AZR 660/19

Zum Sachverhalt

Im konkreten Fall geht es um eine Hausangestellte, die seit Februar 2006 im privaten Haushalt des Beklagten beschäftigt war. Im Arbeitsvertrag war als Kündigungsfrist ein Zeitraum von 6 Wochen zum Quartalsende vereinbart. Ende Januar erhielt diese eine außerordentliche fristlose Kündigung, die jedoch im Februar 2018 gerichtlich für unwirksam erklärt wurde. Der Arbeitgeber stellt nun darauf ab, dass durch Umdeutung dieser Kündigung in eine ordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis zum 31. März 2018 beendet wurde. Die Klägerin geht von einem späteren Ende des Arbeitsverhältnisses aus.

Im Streit steht somit der Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und damit die Frage der Kündigungsfrist.

Warum gelten verlängerte Kündigungsfristen für Arbeitgeber

Das Arbeitsrecht ist in erster Linie ein Schutzrecht zugunsten des Arbeitnehmers, da dieser hinsichtlich der Machtstellung und den damit einhergehenden Gestaltungsmöglichkeiten regelmäßig den Arbeitgebern unterlegen ist. So sollen die Kündigungsfristen dazu beitragen, die Arbeitnehmer sozial abzusichern und eine angemessene Zeit zum Auffinden eines adäquaten Ersatzes bereitzustellen.

Die in § 622 Abs. 2 BGB vorgesehen gestaffelten Verlängerungen der Kündigungsfrist sollen insbesondere ältere Arbeitnehmer schützen, da mit einer längeren Betriebszugehörigkeit regelmäßig auch ein höheres Lebensalter einhergeht. Mit dem Lebensalter nehmen auch die sozialen Bindungen und Verantwortungsbereiche des Arbeitnehmers zu und somit die gegenläufige Flexibilität ab. Daher gelten ältere Arbeitnehmer als schutzwürdiger gegenüber jüngeren Arbeitnehmern. Diese erhöhte Schutzwürdigkeit kommt durch die gestaffelte Verlängerung der Kündigungsfristen zum Ausdruck.

Längere Kündigungsfristen nicht für Hausangestellte – eine Ungleichbehandlung?

Die Klägerin machte nun geltend, die Nichtanwendung der verlängerten Kündigungsfristen auf private Haushaltsangestellte sei eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung und verstoße daher gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Zudem liege eine mittelbare Diskriminierung zulasten von Frauen vor, da Angestellte in privaten Haushalten überwiegend Frauen seien. Daher müssten die verlängerten Kündigungsfristen auch bei Haushaltsangestellten zum Tragen kommen.

Mit diesen Aspekten setzt sich das BAG detailliert auseinander.

Zunächst stellt es fest, dass die Regelung des § 622 Abs. 2 BGB nach seinem Wortlaut lediglich für Arbeitnehmer in Betrieben und Unternehmen gelte. Private Haushalte seien nicht mit Unternehmen gleichzusetzen. Während Unternehmen auf die Erzielung eines Gewinns gerichtet sind, seien private Haushalte ein Rückzugsort für die private Lebensführung.

Gleichwohl stelle diese Einschränkung eine Ungleichbehandlung zulasten von Angestellten in privaten Haushalten dar. Diese Ungleichbehandlung sei jedoch aufgrund der unterschiedlichen Interessenlagen gerechtfertigt.

Gerechtfertigte Ungleichbehandlung bei Hausangestellten

Die verlängerten Kündigungsfristen seien Ausdruck eines Interessensausgleichs von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Dieser Interessensausgleich gestalte sich jedoch bei Betrieben und Unternehmen anders als bei Arbeitsverhältnissen im privaten Haushalt.

Der Zweck von Unternehmen und damit auch den ihnen zugehörigen Betriebsstätten ist die Produktion wirtschaftlicher Güter und die Erwirtschaftung eines Gewinns. Hierbei betreten Arbeitnehmer regelmäßig nur solche Bereiche, die durch ihren Verwendungszweck nur für Arbeitnehmer oder teilweise auch für Kunden geöffnet sind. Diese Bereiche unterfallen zwar dem Schutz des Art. 13 GG, gehören aber nicht zum Kernbereich privater Lebensführung des Unternehmers.

Im Rahmen der längeren Kündigungsfrist steht es dem Unternehmer zudem frei, den betreffenden Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im Unternehmen zu beschäftigen. Dadurch könnten die Unternehmer auch während der verlängerten Kündigungsfrist von der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers profitieren. Das Gesetz geht insoweit von einem Austauschverhältnis aus, welches bis zum Ende der Kündigungsfrist aufrechterhalten bleiben kann.

Dementgegen betreten die Angestellten im privaten Haushalt jeweils die privaten Räumlichkeiten des Arbeitgebers und dringen so in den Kern- und Rückzugsbereich der Privatsphäre ein. Mit diesen Arbeitsverhältnissen geht somit ein wesentlich stärkeres Näheverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einher. Zudem ist es in einem privaten Haushalt nicht möglich, den Arbeitnehmer in einem anderen Bereich – außerhalb des privaten Kernbereichs – einzusetzen. Daher haben diese nur die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis für die verlängerten Kündigungsfristen von bis zu 7 Monaten aufrecht zu erhalten und damit die Arbeitnehmer permanent im Kernbereich des privaten Rückzugsraumes zu dulden oder bei Aufrechterhaltung der Lohnzahlungen für die Dauer der Kündigungsfrist von der Arbeit freizustellen. Somit wäre es für diese nicht möglich, auch weiterhin von der Arbeitsleistung der Arbeitnehmer zu profitieren.

Aufgrund dieser unterschiedlichen Interessenslagen und Auswirkungen sei die unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Unionsrecht oder dem ILO-Übereinkommen Nr. 189.

Keine Diskriminierung von Frauen

Hinsichtlich einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts sah das BAG eine solche als nicht erfüllt an. Zwar könne angenommen werden, dass Angestellte in privaten Haushalten zu einem signifikant höheren Anteil Frauen seien, jedoch seien die Kündigungsfristen nicht auf eine Diskriminierung angelegt. Zwischen den beiden Gruppen der im Unternehmen und der im privaten Haushalt Beschäftigten bestünden objektive, diskriminierungsfreie und gewichtige Unterschiede, dass sich die Ausgestaltung des § 622 Abs. 2 noch innerhalb des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraumes bewege.

Fazit zu nicht verlängerten Kündigungsfristen bei Hausangestellten

Mit dem vorliegenden Urteil hat das BAG klargestellt, dass die gestaffelte Verlängerung der Kündigungsfristen nicht für angestellte in privaten Haushalten gilt. Diesen Umstand sollten die Betreffenden im Auge behalten und entsprechend auf eine für Sie günstige Gestaltung der Kündigungsfristen im Arbeitsvertrag hinwirken.