Crowdworking und Arbeitsrecht: Die 4 wichtigsten Fragen und Antworten

Crowdworking und Arbeitsrecht: Die 4 wichtigsten Fragen und Antworten

Heutzutage werden Crowdworking und entsprechende Anbieter-Plattformen wie AppJobber, Freelancer oder Clickworker immer populärer. Die Unternehmen locken mit der Möglichkeit, bequem und flexibel von zu Hause über das Internet arbeiten zu können. Viele Tätigkeiten und Arbeitgeber erwecken jedoch einen nicht besonders seriösen Eindruck. Arbeitnehmer, die im Crowdworking / Crowdsourcing arbeiten, werden oft als eine Armee von digitalen Tagelöhnern angesehen.

Wir wollen uns diesem wichtigen Thema aus der arbeitsrechtlichen Perspektive nähern und für Sie die wichtigsten Fragen zum Thema Crowdworking / Crowdsourcing beantworten.


Das Wichtigste über Crowdworking in unserem Überblick:


  • Crowdworking ist eine Form der Arbeit, die sich wachsender Beliebtheit erfreut und deren Bedeutung auch für das Arbeitsrecht zunehmen wird.

  • Im Regelfall handelt es sich bei Crowdworking um eine selbstständige Tätigkeit. Der Einzelfall muss jedoch unbedingt geprüft werden! Prinzipiell kann normales Arbeitsverhältnis oder eine Scheinselbstständigkeit vorliegen!

  • Achten Sie auf die Art der Aufträge und in welcher Form eine Ausführung von Ihnen verlangt wird!

  • Beim Thema Crowdworking gibt es bisher nur wenige Gerichtsurteile und keine einheitliche Rechtsprechung, suchen Sie sich im Ernstfall juristischen Beistand!



Was ist Crowdsourcing bzw. Crowdworking?

Crowdworking bzw. Crowdsourcing ist eine relative neue Arbeitsform, die sich auch in Deutschland zunehmender wachsender Beliebtheit erfreut. Unternehmen bieten hierbei über Crowdworking Plattformen wie Clickworker oder Freelancer Aufträge für registrierte Nutzer, auch Crowdworker genannt, an. Klassische Aufträge für Crowdworker sind zum Beispiel das Eingeben von Daten oder die Produktion von Texten und Kurz-Nachrichten. Es kann sich aber auch um kompliziertere und zeitintensive Projekte wie die Programmierung von Apps handeln.

Viele der Aufgaben haben ein geringes Arbeitsvolumen und können in geringer Zeit erledigt werden. Man spricht daher oft von sogenannten „Mikrojobs“. Die Crowdworker können sich eigenständig auf für Sie interessante Projekte und Jobs bewerben. Wer den Auftrag erhält, entscheidet der Auftraggeber selbst, bspw. anhand eines von der Crowdworking-Plattform eingerichteten Bewertungssystems.





Sind Crowdworker selbstständig oder angestellt?

Für viele Crowdworker, aber auch für Auftraggeber auf Crowdworking-Plattformen ist unklar, ob Crowdworker als Arbeitnehmer oder als Selbstständige eingeordnet werden müssen.

Entscheidend für eine Arbeitnehmereigenschaft ist nach § 611a I BGB die Einstufung eines Mitarbeiters an die Weisungsgebundenheit durch seinen Arbeitgeber. Da Crowdworker ihre Arbeitsweise und Arbeitszeit aber frei gestalten können, kann beim Croudsourcing im Regelfall nicht von einer Weisungsgebundenheit ausgegangen werden. Diese ist in § 611a I 3 BGB nämlich genau dadurch definiert, dass eine Tätigkeit nicht im Wesentlichen frei gestaltet werden kann und z. B. Arbeitszeiten durch den Arbeitgeber bestimmt werden.

Crowdworking setzt seinem Prinzip nach auf die Unabhängigkeit des Auftragnehmers. Es besteht in der Regel kein Abhängigkeitsverhältnis zum Auftraggeber, viel mehr sucht sich der Crowdworker diesen selbst aus und arbeitet zudem für eine Vielzahl von wechselnden Auftraggebern. Er stellt außerdem seine Betriebsmittel wie Internetanschluss, PC oder Laptop selbst.

Die Einordnung von Crowdworkern als Selbstständige aus den oben angeführten Gründen wurde im allgemeinen 2019 auch durch das Münchener Arbeitsgericht bestätigt (Urt. v. 20.2.2019, Az. 19 Ca 6915/18).

Einem letztinstanzlichen Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zu diesem konkreten Fall vom 1.12.2020 (Az. 9 AZR 102/20) folgend muss für die Einordnung des Arbeitnehmerstatus eines Crowdworkers auch geprüft werden, ob dieser sich in einem Arbeitsverhältnis mit der Crowdworking-Plattform befindet, die als Auftragsvermittler agiert. Dies ist dann der Fall, wenn der Auftragnehmer von der Plattform über Anreizsysteme oder Druckausübung in die Richtung gesteuert wird (bestimmte) Aufträge anzunehmen und oder ein festes Arbeitsvolumen abzuleisten. Im konkreten Fall sprach das BAG dem als Arbeitnehmer eingeordneten Crowdworker sogar einen Anspruch auf eine Gehaltsnachzahlung durch die Plattform als Arbeitgeber zu.





Vorsicht vor Scheinselbstständigkeit bei Crowdworking!

Es sind jedoch noch weitere konkrete Konstellationen denkbar, in denen ein Crowdworker nicht als Selbstständiger eingeordnet werden kann. Als Crowdworker gilt wie bei einer regulären Selbstständigkeit auch: Vorsicht vor einer Scheinselbstständigkeit!

Das Arbeiten über eine Crowdworking-Plattform bietet die Möglichkeit, sich auf eine Vielzahl von Aufträgen zu bewerben, von denen der Großteil seiner Art nach in einer selbstständigen Tätigkeit abgearbeitet werden kann. Meist gibt es eine konkrete Deadline, zu der ein Auftrag abgeschlossen werden sollte und der Auftragnehmer kann zur Auftragserfüllung gestaltungsfrei agieren. Sie sollten jedoch bei gewissen Auftragsarten und Konstellationen aufpassen, damit Sie nicht in die Scheinselbstständigkeit abgleiten:

  • Tätigkeit nach Weisung des Auftraggebers: Achten Sie darauf, ob der Auftraggeber von einem Direktionsrecht gebraucht macht, das ihm nur als Arbeitgeber obliegen sollte. Passen Sie konkret auf, ob Ihnen verpflichtende Anweisungen bzgl. Ihres Arbeitsorts (z. B. in einem Betrieb), Ihrer Arbeitszeit, Ihrer Arbeitsdauer oder Ihrer Arbeitsart gegeben werden.
  • Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers: Achten Sie darauf, ob Sie in der Organisation des Auftraggebers eine feste Rolle einnehmen. Die Arbeit an einem Arbeitsplatz im Betrieb mit dem Bereitstellen von Arbeitsmitteln durch den Auftraggeber sind ein klares Warnsignal. Weitere Indikatoren sind Entgeltfortzahlungen im Krankheitsfall, Anspruch auf betriebliche Sozialleistungen, Urlaubsanspruch und Überstundenvergütung.
  • Als Selbstständiger sollten Sie außerdem - am besten fortwährend - für verschiedene Auftraggeber tätig sein.

    Zwar kam es in der Vergangenheit noch nicht zu Urteilen, die eine Scheinselbstständigkeit von Crowdworkern für einzelne Auftraggeber nachgewiesen haben, es ist jedoch nur eine Frage der Zeit, bis solche Beispiele in der juristischen Praxis relevant werden!





Ausblick für arbeitsrechtliche Fragen zum Thema Crowdworking

Beim Thema Crowdworking handelt es sich um ein hochrelevantes Themengebiet im Arbeitsrecht, in dem bisher nur wenige Urteile getroffen worden sind, die jedoch keine ausreichende Rechtssicherheit bieten. Eine Beurteilung einzelner Fälle erfolgt anhand der einschlägigen Gesetzesnormen, die eine solche Art der Arbeit 4.0. nicht vorsahen und nicht kannten.

Der Gesetzgeber kündigte in einem Eckpunktepapier an, Crowdworker in die gesetzliche Rentenversicherung miteinbeziehen und Beiträge durch Plattformen entrichten zu lassen. Hierzu liegt allerdings noch kein konkreter Gesetzesentwurf und es ist fraglich, wann und ob etwaige Gesetze in Kraft treten.

Bis zu diesem Zeitpunkt handelt es sich beim Thema Crowdworking arbeitsrechtlich gesehen um ein Umfeld, in dem jeder einzelne Fall umfangreich und gewissenhaft geprüft werden muss. Sollten Sie daher als Crowdworker juristische Anliegen haben, führt kein Weg an einem fachkundigen Rechtsanwalt vorbei!




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