Diebstahl am Arbeitsplatz: Fristlose Kündigung für Langfinger?
Hier eine Packung Druckerpapier, da ein paar Briefmarken oder schnell mal eine Packung Schrauben aus dem Lager geholt… Ist doch nicht so schlimm, diese Kleinigkeiten vom Arbeitsplatz mitzunehmen, oder?
Falsch!
Diebstähle am Arbeitsplatz sind kein Kavaliersdelikt und rechtfertigen im Normalfall eine außerordentliche Kündigung. Dabei ist der Sachwert egal. Ob hoher Wert oder lediglich eine Kleinigkeit im Cent-Bereich macht keinen Unterschied. Bestiehlt ein Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber, kann das Arbeitsverhältnis grundsätzlich beendet werden. Selbst der Verdacht eines Diebstahls kann unter gewissen Bedingungen zu einer Kündigung führen, auch ohne vorherige Abmahnung. Und obwohl bei einer Verdachtskündigung strengere Maßstäbe gelten als bei einem nachweisbaren Diebstahl – in der Praxis sind Kündigungen auf Verdacht eines Diebstahls meistens rechtsgültig.
Was Arbeitnehmer und Arbeitgeber über eine fristlose Kündigung wegen Diebstahl wissen und beachten sollten, erfahren Sie in diesem Rechtstipp.
Inhaltsverzeichnis:
- Diebstahl am Arbeitsplatz: Kavaliersdelikt oder fristlose Kündigung?
- Reicht ein Diebstahl geringwertiger Sachen für eine Kündigung aus?
- Was ist bei einer fristlosen Kündigung zu beachten?
- Verdachtskündigung – ohne Beweise keine Kündigung?
- Ist bei der Kündigung wegen Diebstahls eine Abmahnung erforderlich?
- Welchen Anspruch haben geschädigte Arbeitnehmer?
- Kündigung und Strafverfahren?
- Arbeitslosengeld trotz Kündigung wegen Diebstahls?
Sie wurden von ihrem Arbeitnehmer bestohlen und möchten eine fristlose Kündigung aussprechen? Sie fühlen sich falschen Anschuldigungen ausgesetzt und möchten um ihr Recht kämpfen, ihren Arbeitsplatz zu behalten?
Als erfahrene Anwälte im Arbeitsrecht stehen wir Ihnen zur Seite. Für eine umfassende Beratung freuen wir uns auf Ihre Kontaktaufnahme.
Rudolf-Diesel-Str. 5, 65760 Eschborn bei Frankfurt
1. Diebstahl am Arbeitsplatz: Kavaliersdelikt oder fristlose Kündigung?
Für Langfinger kann es ein böses Erwachen geben!
Allgemein gilt: Wer im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit etwas stiehlt, der fliegt. Eine außerordentliche Kündigung ist hierbei mehr Regel als Ausnahme, auch wenn Arbeitsgerichte einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung voraussetzen. Ein Diebstahl wird in einem Großteil der Fälle als solcher eingestuft. Falls es in Einzelfällen dazu kommt, dass eine außerordentliche Kündigung aufgrund äußerer Umstände als unrechtmäßig eingestuft wird, erfolgt meist trotzdem eine Kündigung. Eben nur nicht außerordentlich.
2. Reicht ein Diebstahl geringwertiger Sachen für eine Kündigung aus?
Die klare Antwort: Ja!
Der materielle Wert eines gestohlenen Gegenstandes spielt für eine fristlose Kündigung nur eine untergeordnete Rolle. Auch geringwertige Sachen rechtfertigen diese, da das arbeitsrechtliche Vertrauen durch einen Diebstahl massiv gestört werden kann. Ob es sich dabei um einen Radiergummi oder einen großen Geldbetrag handelt, spielt keine große Rolle.
3. Was ist bei einer fristlosen Kündigung zu beachten?
Für eine fristlose Kündigung gilt selbstverständlich eine zeitliche Frist, die in jedem Fall eingehalten werden muss. Spätestens 14 Tage nach Erlangung der Erkenntnis über einen Diebstahl muss dem Arbeitnehmer seine außerordentliche Kündigung schriftlich zugegangen sein. Nach diesen zwei Wochen ist eine fristlose Kündigung in dieser Form nicht mehr möglich. Wird dieses zeitliche Fenster überschritten und die Kündigungsfrist somit versäumt, muss das Arbeitsverhältnis ordentlich gekündigt werden. Dies kann zusätzliche Kosten für den Arbeitgeber nach sich ziehen.
Gut zu wissen: Das fristlose Kündigungsrecht des Arbeitgebers ist nicht grundsätzlich nach 14 Tagen aufgehoben. Müssen noch weitere Ermittlungen oder Aufklärungsarbeit aufgrund eines Falls erfolgen, kann diesen erst einmal nachgegangen werden. Jedoch sollte die Aufklärung in einem gebotenen zeitlichen Rahmen vorgenommen werden.
4. Verdachtskündigung – ohne Beweise keine Kündigung?
Eine Verdachtskündigung kommt in der Praxis weit häufiger vor als vermutet. Denn auf frischer Tat oder Video erwischt kaum ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer bei einem Diebstahl. Wichtig zu wissen ist, dass bei einer Verdachtskündigung strengere Richtlinien gelten als bei einer feststehenden Tat. Bloße Verdächtigungen sind hierbei nicht ausreichend. Der Verdacht des Diebstahls muss sich mindestens aus mehreren Indizien ergeben, sollte nachvollziehbar begründet sein und einer richterlichen Überprüfung standhalten. Darüber hinaus muss glaubhaft versichert werden, dass der Vorfall zu einem Vertrauensverlust geführt hat und dieser eine weitere Zusammenarbeit nahezu unmöglich macht.
Des Weiteren ist bei einer Verdachtskündigung immer zu bedenken, dass eine Anhörung des beschuldigten Arbeitnehmers Voraussetzung für eine wirksame fristlose Kündigung ist. Dabei kann der Beschuldigte auch einen Anwalt hinzuziehen. Allgemein gilt, dass dem Beschuldigten die Möglichkeit gegeben werden muss, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Auch Bedenkzeit sollte dem Arbeitnehmer zwingend eingeräumt werden.
5. Ist bei der Kündigung wegen Diebstahls eine Abmahnung erforderlich?
Während Fehlverhalten am Arbeitsplatz im Normalfall zuerst eine Abmahnung nach sich zieht, sieht dies bei einem Diebstahl anders aus. Arbeitsgerichte neigen dazu, eine Abmahnung in diesem Fall nicht für eine Kündigung vorauszusetzen. Begründet wird das mit den voraussehbaren Konsequenzen eines Diebstahls für den Arbeitnehmer und der zerstörten Vertrauensbasis zwischen den beiden Parteien. In Einzelfällen können Arbeitsgerichte jedoch abweichend entscheiden. Dies geschieht insbesondere dann, wenn die Gerichte die Kündigung als unverhältnismäßig betrachten. Das kann geschehen, wenn beispielsweise ein Angestellter schon mehrere Jahre vertrauensvoll und ohne Beanstandungen seine Tätigkeit erledigte. Diebstähle geringwertiger Sachen können hier gegebenenfalls nicht ausreichend sein, um eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen.
6. Welchen Anspruch haben geschädigte Arbeitnehmer?
Natürlich kann der geschädigte Arbeitgeber die Herausgabe des gestohlenen Gegenstandes verlangen. In Deutschland verjährt der Anspruch auf Herausgabe erst nach dreißig Jahren. In der Praxis gestaltet sich dieses Vorhaben jedoch schwierig. Der genaue Aufenthaltsort der gestohlenen Güter bleibt oft unbekannt, auch können diese auch beschädigt, benutzt oder umgebaut worden sein. Das Gesetz sieht hierbei vor, dass der Geschädigte auf Schadensersatz klagen kann. Der Verlust durch den Diebstahl soll so rechtlich kompensiert werden. Natürlich richtet sich die Schadensersatzhöhe dabei am tatsächlichen Verlustwert. Die Forderung nach höheren Kompensationen wird in der Regel abgelehnt.
7. Sie werden von einem Kollegen beschuldigt – und jetzt?
Sie werden eines Diebstahls am Arbeitsplatz von einem Arbeitskollegen beschuldigt? Keine Panik!
Ist ein Betriebsrat vorhanden? Dann wenden Sie sich zuallererst dort. Tragen Sie ihr Anliegen ruhig vor und erklären Sie die Situation. Oft können klärende Gespräche oder eine Versetzung des Beschuldigers die Probleme schon lösen.
Ist kein Betriebsrat vorhanden? So sollten Sie das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen und dort die Umstände erklären. Ist an den Anschuldigungen nichts dran, wird dieser sicherlich zum Wohl des Betriebsklimas den Vorfall klären.
Falls Sie den rechtlichen Weg einschlagen wollen, können Sie natürlich einen Anwalt hinzuziehen und auf Unterlassung klagen. Aus den Anschuldigungen entstandene Schäden können als Schadensersatzforderung geltend gemacht werden.
Haben Sie eine Kündigung aufgrund falscher Verdächtigungen erhalten, so sollten Sie sich unbedingt rechtlich dagegen wehren. Eine Kündigungsschutzklage sollte in diesem Fall angestrebt werden. Gerne beraten wir Sie ausführlich zu diesem Thema.
8. Kündigung und Strafverfahren?
Eine außerordentliche Kündigung aufgrund eines Diebstahls am Arbeitsplatz heißt nicht automatisch, dass die Tat auch ein Strafverfahren vor öffentlichen Gerichten nach sich ziehen muss. Auch ohne offizielle Strafanzeige kann ein Arbeitnehmer eine fristlose Kündigung gültig aussprechen.
Frühere Urteile haben gezeigt, dass Strafgerichte und Arbeitsgerichte teils zu völlig anderen Entscheidungen kommen und voneinander getrennt agieren. Daher ist es trotz einer Verurteilung in einem Strafverfahren wegen Diebstahls möglich, dass die außerordentliche Kündigung nicht wirksam ist. Hier muss von den Richtern jedes Mal eine genaue Betrachtung des Einzelfalls vorgenommen werden.
9. Arbeitslosengeld trotz Kündigung wegen Diebstahls?
Keine Sorge. Auch falls sie wegen eines Diebstahls gekündigt wurden, haben Sie einen Anspruch auf Arbeitslosengeld I. Die Arbeitsagenturen in Deutschland unterscheiden nicht, weshalb ein Arbeitnehmer gekündigt wurde. Bei einer ordentlichen Kündigung haben Sie also keine Nachteile. Bei einer fristlosen Kündigung – egal mit welcher Begründung – müssen Sie jedoch eine Sperre des Arbeitslosengeldes für 12 Wochen befürchten.
Unsere Anwälte beraten Sie umfassend zu allen arbeitsrechtlichen Fragestellungen. Zudem vertreten wir Ihre Rechte gegenüber der gegnerischen Partei und zur Not auch vor allen Arbeitsgerichten. Sie haben individuelle Fragen zum Thema Kündigung oder Kündigungsschutzklage, dann nehmen Sie jetzt Kontakt zu unseren Rechtsanwälten auf.
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