Kündigungsfrist in der Probezeit muss klar geregelt sein
Während einer vereinbarten Probezeit von höchstens sechs Monaten kann das Beschäftigungsverhältnis von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite ohne weitere Vereinbarung gekündigt werden. Dabei ist eine Frist von zwei Wochen einzuhalten. Diese Kündigungsfrist gilt jedoch nur, wenn die Gestaltung eindeutig im Arbeitsvertrag geregelt ist. Im Fall einer Personalleiterin war es das nicht, wie das Landesarbeitsgericht Thüringen feststellte (LAG Thüringen, Urt. v. 06.12.2022, 1 Sa 300/21).
Es ist ein nicht untypischer Vorgang in Betrieben: Während sich ein Mitarbeiter in der Probezeit befindet, kann das Arbeitsverhältnis mit einer geltenden Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Doch wie sieht es bei einer Kündigungsfrist im Arbeitsvertrag aus, die deutlich über die Zwei-Wochen-Frist hinausgeht? Und wer ist im Recht, wenn unklare Formulierungen im Vertrag vorliegen? Das Landesarbeitsgericht Thüringen musste sich Ende vergangenen Jahres genau mit so einem Fall beschäftigen.
Zu kurze Kündigungsfrist? Personalleiterin erhebt Klage
Eine Arbeitnehmerin hatte zum 07.09.2020 eine Stelle als Personaldienstleisterin in einem Unternehmen angetreten. In ihrem Arbeitsvertrag waren Regelungen zu Probezeit und Kündigungsfristen festgeschrieben. So hieß es in § 1 (2):
„Die Probezeit beträgt 6 Monate.“
In § 12 (2) folgten die Regeln zur Vertragsdauer und Kündigung:
„(1) Der Vertrag beginnt am 07.09.2020 und wird auf unbestimmte Zeit geschlossen.
(2) Der Vertrag kann von beiden Seiten mit einer Frist von 6 Monaten zum Ende eines Kalenderhalbjahres gekündigt werden.“
Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis ordentlich mit Schreiben vom 02.03.2021 zum 16.03.2021. Die Arbeitnehmerin erhob Kündigungsschutzklage, allen voran, da sie die Kündigungsfrist als zu kurz ansah. Die im Arbeitsvertrag vereinbarte Kündigungsfrist von sechs Monaten müsse auch für eine Kündigung in der Probezeit gelten, so die Personalleiterin.
LAG Thüringen gibt Arbeitnehmerin recht
Das Landesarbeitsgericht Thüringen gab der Frau vollumfänglich recht, nachdem die Klage erstinstanzlich vom Arbeitsgericht Suhl abgewiesen worden war. Die Erfurter Richter entschieden, dass das Arbeitsverhältnis erst zum 31.12.2021 beendet werden könne, da dies der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist entspreche. Daraus folgt auch, dass der Arbeitgeber im Zeitraum vom 17.03.2021 bis Ende 2021 auch das Gehalt der Angestellten zu bezahlen hat.
Unklarheiten im Vertrag: Im Zweifel gegen den Arbeitgeber
Das Landesarbeitsgericht in Thüringen stellt zunächst darauf ab, dass es sich bei den Regelungen im Arbeitsvertrag um allgemeine Geschäftsbedingungen handelt und verwies in seiner Entscheidung auf die Unklarheiten im Arbeitsvertrag der Angestellten. Es herrsche Widersprüchlichkeit zwischen der Vereinbarung einer Probezeit und damit einer zweiwöchigen Kündigungsfrist sowie einer sechsmonatigen Kündigungsfrist zum Kalenderhalbjahr. Es sei nicht klar und eindeutig erkenntlich, was die Arbeitgeber- und die Arbeitnehmerseite hier vereinbaren wollten. So seien beide Auslegungen, die sich auf die Kündigungsfrist bezogen, denkbar. In § 305c Abs. 2 BGB ist geregelt, was bei Unklarheiten bei Vertragsauslegung passiert. Wörtlich heißt es hier: „Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.“
Arbeitgeber sollten auf eindeutige Regeln in Verträgen achten
Im Fall aus Thüringen war der Verwender, da dieser die Vertragsbedingungen vorgelegt hat, der Arbeitgeber, weshalb die ungünstigere Regelung für diesen angewendet wird. Das kostet den Betrieb nun ordentlich Geld. Die Erfurter Richter verwiesen zudem auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2017 (BAG, Urt. v. 23.03.2017, 6 AZR 705/15). Arbeitgeber sollten mit Blick auf das Urteil des Landesarbeitsgerichts stets darauf achten, die Arbeitsverträge ihrer Angestellten klar, verständlich und eindeutig zu gestalten. So kommt es bei Kündigungen auch in der Probezeit zu keinen bösen Überraschungen.