Kürzung von Gehalt: LAG Niedersachsen gibt VW-Betriebsrat Recht

Kürzung von Gehalt: LAG Niedersachsen gibt VW-Betriebsrat Recht

In Folge eines Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 10.01.2023, Az.: 6 StR 133/22) sah sich der Volkswagenkonzern dazu veranlasst, das Gehalt eines freigestellten Betriebsrats um zwei Entgeltgruppen zu reduzieren. Dürfte VW das? Nein, urteilte das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen (Urt. v 08.02.2024, Az.: 6 Sa 559/23) und schloss sich damit dem Arbeitsgericht (ArbG) Braunschweig an. Nun muss der Konzern die Kürzung zurücknehmen und den Verdienstausfall mit Zinsen nachzahlen.

Ein 61-Jähriger, der seit 2022 als freigestelltes Mitglied im Betriebsrat von VW saß, wurde vom Unternehmen im Februar 2023 rückwirkend ab Oktober 2022 um zwei Entgeltgruppen heruntergestuft, was 650 Euro weniger Gehalt pro Monat bedeuteten. Grund für die Maßnahme war ein Urteil des BGH im Januar 2023, in dem der Strafsenat über die Freisprüche von vier früheren VW-Personalmanagern zu befinden hatte, die sehr hohe Gehälter für Betriebsräte genehmigt hatten. Die Freisprüche wurden gekippt, die Strafrichter verwarfen die übliche Praxis für Gehaltsanhebung bei langjährigen Arbeitnehmervertretern und setzten strengere Regeln als das Bundesarbeitsgericht an. Die Unsicherheit bei Unternehmen begann.

 

VW dürfte Gehalt des Betriebsrats nicht kürzen

Um sich einer möglichen Strafbarkeit zu entziehen, hatte VW nach dem Urteil des BGH mehreren Betriebsräten den Lohn gekürzt. Es kam zu Klagen von Betroffenen gegen das Unternehmen. Laut Angaben des Betriebsrats gewannen erstinstanzlich 36 von 38 Betriebsräten gegen VW, der Konzern bekam nur in zwei Fällen Recht. Auch im konkreten Fall des 61-jährigen Betriebsratsmitglieds, dem ersten Berufungsverfahren, entschied das zuständige LAG Niedersachsen zugunsten des Klägers. 2015 hatte VW dem Mann eine Stelle angeboten, die seiner jetzigen Vergütung entsprochen hätte. Dementsprechend sei es richtig gewesen, ihn als Betriebsrat gleichwertig zu entlohnen. Die finanzielle Zurückstufung von VW sei hier grundlos erfolgt. Mit dem Urteil schloss sich das LAG der Entscheidung des ArbG Braunschweig an, gegen dessen Entscheidung VW zum damaligen Zeitpunkt Berufung eingelegt hatte.

 

VW-Betriebsrat mit Urteil zufrieden

Die Vorsitzende Richterin Karola Klausmeyer ließ diese mit Blick auf das Urteil des BGH und die Rechtsprechung des BAG ausdrücklich zu. „Das BAG sollte die Gelegenheit haben, sich dazu zu positionieren, insbesondere mit Blick auf das, was der BGH dazu sagte“, so Klausmeyer, die zuvor noch einmal bekräftigte, dass das Urteil des BGH für viel Verunsicherung gesorgt hatte. VW selbst ließ nach den Prozessen offen, gegen das Urteil in Revision zu gehen. Ein Konzernsprecher äußerte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur, dass der Konzern die schriftliche Urteilsbegründung abwarten wolle. Volkswagen begrüße „die arbeitsgerichtlichen Klärungen, da Reichweite und Grenzen der Entscheidung des BGH-Strafsenats auf diesem Wege durch die Arbeitsgerichte als zuständige Fachgerichtsbarkeit eingeordnet werden“. Eine „rechtliche Grundsatzklärung“ stehe jedoch immer noch aus. Der VW-Betriebsrat zeigt sich zufrieden mit dem Urteil. «Selbstverständlich begrüßen wir diese erste Entscheidung durch ein Landesarbeitsgericht sehr», erklärte ein Sprecher. Der VW-Betriebsart zeigte sich nach dem Urteil zufrieden: „Diese jetzt auch von einem Landesarbeitsgericht getroffene Klarstellung ist wichtig, weil sie die Entgeltreduzierungen durch Volkswagen als das charakterisiert, was sie sind: eine reine Vorsichtsmaßnahme mit Blick auf das Strafrecht“, so ein Sprecher.