Überstunden - Arbeitnehmer sind in der Beweispflicht

Überstunden: Arbeitnehmer sind in der Beweispflicht

Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts müssen Arbeitnehmer, die vergütete Überstunden machen, diese auch zweifelsfrei nachweisen können. So liegt die Beweispflicht im Zweifelsfall immer beim Arbeitnehmer, was Arbeitgeber entlastet. Im konkreten Fall hatte ein Auslieferungsfahrer auf Auszahlung seiner Überstunden geklagt.

Auslieferungsfahrer will 350 Überstunden ausbezahlt bekommen

Ein Auslieferungsfahrer hatte in zweieinhalb Jahren Arbeit einen Überschuss von knapp 350 Stunden erreicht, hinzu kamen weitere Stunden zur Abholung des Fahrzeugs. Diese Überstunden wollte der Arbeitnehmer nun ausbezahlt bekommen. Bei einem Stundenlohn von rund 15 Euro ergab sich in Summe ein Betrag von 6.400 Euro, der ihm vom Arbeitsgericht in Emden zugesprochen wurde. Im Detail lag dem Gericht eine Aufzeichnung der Arbeitszeit des Angestellten mit Arbeitsbeginn und Arbeitsende vor, die Zeit dazwischen wurde nicht genau dokumentiert. So ergab sich die oben beschriebene Zahl von 350 Überstunden in zweieinhalb Jahren Arbeitszeit. Pausen, so die Behauptung des Klägers, habe er nie gemacht. Nicht mal zum Essen oder zum Trinken. Dies habe der Auslieferungsfahrer unterwegs erledigt.

Bundesarbeitsgericht: Arbeitnehmer muss Durcharbeiten nachweisen

Das Landesarbeitsgericht und das Bundesarbeitsgericht haben das Urteil aus Emden mittlerweile kassiert. Die Erfurter Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass der Arbeitnehmer sein Arbeiten ohne Pausen selbst nachweisen müsse. Der Arbeitgeber habe nicht die Pflicht, das Gegenteil zu beweisen. Damit unterstrich das Bundesarbeitsgericht seine in der Vergangenheit vertretene Ansicht, dass Überstunden nur vergütet werden, wenn der Arbeitgeber sie angeordnet oder gebilligt hat. Die Beweispflicht liegt hier klar beim Arbeitnehmer.

Urteil des Europäischen Gerichtshofes hatte für Unruhe gesorgt

Dabei hatte ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes aus dem Jahr 2019 für Unruhe gesorgt. Darin wurde festgelegt, dass Arbeitgeber ein verlässliches System der Arbeitszeiterfassung schaffen müssen. Verbunden damit war ein erhöhter organisatorischer Aufwand für die Betriebe. Viele Arbeitgeber und Arbeitnehmer stellten sich die Frage: Wenn eine Firma in der Pflicht ist, eine Aufzeichnung der Arbeitszeit vorzunehmen, müsste sie doch auch Überstunden nachweisen? Doch dies ist nicht der Fall. Bei der Vergütung bleibt nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts alles beim Alten. Beim Urteil des Europäischen Gerichtshofs gehe es allein um die Regelung der Arbeitszeit, jedoch nicht um die Vergütung. Der Arbeitnehmer bleibt also in der Beweispflicht, falls Überstunden geltend gemacht und ausbezahlt werden sollen.