Verdachtskündigung: Ist eine Kündigung auf Verdacht möglich?

Verdachtskündigung: Ist eine Kündigung auf Verdacht möglich?

Immer wieder kommt es vor, dass Arbeitnehmer auf einen Verdacht hin gekündigt werden. Häufig ist der Hintergrund, dass eine Tat vorliegt, die nicht zweifelsfrei aufgeklärt werden kann. Ob der betroffene Arbeitnehmer tatsächlich verantwortlich ist oder nicht, steht also nicht fest. Dennoch dürfen Arbeitgeber in solchen Situationen unter bestimmten Umständen eine Kündigung aussprechen.

Hierbei gibt es jedoch einiges zu beachten. Hat der Arbeitgeber die zu leichtfertig gekündigt, kann sich der Arbeitnehmer erfolgreich mit einer Kündigungsschutzklage dagegen wehren. Wir klären für Sie die wichtigsten Fragen.




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Was ist eine Verdachtskündigung?

29.01.2024

Wie der Name schon sagt, ist ausschlaggebend für die Verdachtskündigung nicht ein bestimmtes nachweisbares Fehlverhalten des Arbeitnehmers, sondern allein der Verdacht, dass eine erhebliche Pflichtverletzung vorliegt. Das Prinzip „in dubio pro reo“ (im Zweifel für den Angeklagten) gilt nur im Strafrecht, grundsätzlich nicht hingegen im Arbeitsverhältnis. Dieses ist geprägt von einem besonderen Vertrauen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Dieses Vertrauen kann bereits durch das Bestehen eines Verdachts auf eine erhebliche Pflichtverletzung massiv zerrüttet sein. Aus diesem Grund spricht die Rechtsordnung dem Arbeitgeber in derartigen Fällen ein besonderes Kündigungsrecht zu.

Grundlage einer Verdachtskündigung sind häufig Vorwürfe zu einem strafbaren Verhalten. Diese können beispielsweise sein:

  • Verdacht auf Arbeitszeitbetrug. Ein solcher kann bestehen, wenn die reguläre oder aufgeschriebene Arbeitszeit nicht tatsächlich erbracht wurde. Ein weiteres Beispiel ist, wenn der Arbeitnehmer krankheitsbedingt nicht auf die Arbeit kommt, tatsächlich aber auf einer fremden Baustelle schwere körperliche Arbeit leistet.

  • Verdacht auf Spesenbetrug: Dieser kann bestehen, wenn der Arbeitnehmer Fahrtkosten oder Übernachtungskosten abrechnet, die tatsächlich nicht angefallen sind.

  • Verdacht auf Diebstahl. Der Arbeitgeber stellt fest, dass immer wieder Waren aus dem Warenlager entwendet werden. Der Verdacht kann beispielsweise Arbeitnehmer treffen, die regelmäßigen Zugang zu den Zeiten der Warenwegnahme haben und diesen nicht plausibel erklären können.

  • Verdacht auf Unterschlagung. Dieser kann beispielsweise bestehen, wenn der Arbeitnehmer behauptet das Firmenhandy verloren zu haben, es aber tatsächlich im Internet zum Verkauf anbietet.

  • Verdacht auf Sachbeschädigung: Gegenstände des Arbeitgebers, mit denen der Betroffene Umgang hat, wie etwa das Firmenauto werden offenbar mutwillig beschädigt.

  • Verdacht auf Untreue. Dieser kann bestehen, wenn der Eindruck entsteht, der Arbeitnehmer habe mit der ihm anvertrauten Firmentankkarte sein Privatauto betankt.

  • Verdacht auf sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Dieser kann bestehen, wenn der Arbeitnehmer wiederholt anzügliche Äußerung gegenüber andern Arbeitnehmern getätigt haben soll oder es sogar zu unerwünschten Berührungen des Intimbereichs gekommen sein soll.



Welche Voraussetzungen müssen für eine Verdachtskündigung vorliegen?

29.01.2024

Da in diesen Fällen eine Kündigung erfolgt, ohne dass ein tatsächliches Fehlverhalten des gekündigten Arbeitnehmers nachgewiesen werden kann, sind die Voraussetzungen sehr streng. Immerhin besteht immer auch die Möglichkeit, dass der Verdacht tatsächlich unbegründet ist. Dadurch soll verhindert werden, dass Arbeitnehmer der Willkür eines Arbeitgebers ausgeliefert.

Dringender Verdacht wegen konkreter objektiver Tatsachen

Zunächst muss der Verdacht auf konkreten objektiven Tatsachen beruhen. Bloße Mutmaßungen oder Gerüchte sind gerade nicht ausreichend. Diese Tatsachen müssen auch zum Zeitpunkt der Kündigung bestehen um vom Arbeitgeber konkret benannt werden. Diese Tatsachen müssen aus der Sicht eines objektiven und unvoreingenommenen Arbeitgebers einen konkreten Verdacht gegen den Arbeitnehmer stützen.

Solche Tatsachen können sein:

  • Auffälligkeiten aus der Buchhaltung
  • Videoaufnahmen
  • Zeugenaussagen

Es muss sich um einen dringenden Verdacht handeln. Das heißt, es müssen mehr Umstände dafürsprechen, dass der Arbeitnehmer die Pflichtverletzung tatsächlich begangen hat als dagegen.

Erheblichkeit der Verdachtstat

Zudem muss die im Raum stehende Tat auch eine gewisse Erheblichkeit haben. Reine Bagatellen genügen nicht. Es muss also eine schwerwiegende Pflichtverletzung im Raum stehen. Hierbei muss es sich nicht zwingend um eine Straftat handeln. Es genügt, wenn das vorgeworfene Fehlverhalten im Falle der Nachweisbarkeit eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt.

Sofern der Vorwurf ein außerdienstliches Verhalten betrifft, kommt es immer auch darauf an, ob ein ausreichender Bezug zum Arbeitsverhältnis besteht. Denn entscheidend ist, dass durch den Verdacht das dem Arbeitsverhältnis zugrundeliegende Vertrauensverhältnis erheblich erschüttert wird.

Eine ausreichende Erheblichkeit wird in den oben aufgezählten Fällen regelmäßig anzunehmen sein, zumal es sich bei diesen um Straftaten handelt. Entscheidend sind immer die konkreten Umstände im Einzelfall.

Ausschöpfen aller Aufklärungsmöglichkeiten

Bevor ein Arbeitgeber auf der Grundlage eines Verdachts eine Kündigung aussprechen darf, muss er zunächst alle bestehenden Möglichkeiten ausschöpfen, um den Sachverhalt aufzuklären. Hierzu gehört insbesondere das Sichten von etwaigem Videomaterial und das Befragen von möglichen Zeugen.

Anhörung des Betroffenen

In jedem Fall ist der Betroffene vor der Ausspruch der Kündigung anzuhören. Denn nur so wird ihm die Möglichkeit gegeben, sich mit den Vorwürfen auseinander zu setzen und diese zu entkräften. Daher müssen dem Arbeitnehmer auch alle gegen ihn bestehenden Verdachtsmomente dargelegt werden.

Nicht ausreichend ist, wenn lediglich der Vorwurf genannt wird, aber nicht wann und wo sich das Ganze ereignet haben soll. Zudem muss dem Arbeitnehmer auch ausreichend Zeit eingeräumt werden, um sich detailliert mit dem gesamten Sachverhalt auseinanderzusetzen. Als angemessen in komplexen Sachverhalten wird von der Rechtsprechung eine Äußerungsfrist von 10 bis 14 Tagen angesehen.

Die Anhörung kann sowohl schriftlich als auch mündlich erfolgen. Im Falle einer mündlichen Anhörung ist es jedoch zu Beweiszwecken für beide Seiten empfehlenswert ein Gesprächsprotokoll anzufertigen.

Neben dem Arbeitnehmer muss, wie bei jeder Kündigung, auch der Betriebsrat angehört werden.

Wurde nur eine unzureichende oder gar keine Anhörung durchgeführt, dann kann diese vom Arbeitnehmer mit guten Erfolgsaussichten angegriffen werden.




Wie verhalte ich mich, wenn ich eine Verdachtskündigung erhalte?

29.01.2024

Wenn Sie eine Anhörung oder eine Verdachtskündigung erhalten haben, sollten Sie sich umgehend an einen fachkundigen Rechtsanwalt wenden. Mit ihm können Sie die bestmögliche Strategie in Ihrem Fall erarbeiten.

Sofern Sie gegen die Verdachtskündigung vorgehen möchten ist es zwingend notwendig, dass innerhalb von 3 Wochen ab Erhalt der Kündigung eine Kündigungsschutzklage erhoben wird. Wenn diese Frist verstrichen ist, kann die Kündigung, auch wenn diese noch so Fehlerhaft ist, nicht mehr angegriffen werden.




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