Wegweisendes Urteil zum Mitbestimmungsrecht von Betriebsräten bei Sonderzahlungen

Wegweisendes Urteil zum Mitbestimmungsrecht von Betriebsräten bei Sonderzahlungen

Das Landesarbeitsgericht Köln hat in einem Beschluss vom 20. Mai 2022 entscheiden, dass bei einer Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats zu einer Sonderzahlung ein Spruch der Einigungsstelle diese ersetzen kann (9 TaBV 19/22). Damit widerspricht das Landesarbeitsgericht Köln früheren Urteilen.

In Deutschland haben Betriebsräte ein Mitspracherecht bei Fragen der Lohngestaltung in Unternehmen und Betrieben. Dieses Mitbestimmungsrecht ist in § 87 Abs.1 Nr.10 Betriebsverfassungsgesetz fest verankert. Der Betriebsrat kann die Lohngestaltung, insbesondere deren Grundsätze sowie die Einführung und Anwendung neuer Entlohnungsmethoden, mitbestimmen, soweit es keine gesetzliche oder tarifliche Regelung gibt. Insbesondere mitbestimmungspflichtig sind dabei übertarifliche Zulagen sowie Sonderzahlungen und Prämien.

 

Reichweite der Mitbestimmung: Bei Verweigerung des Betriebsrats kann Einigungsstellenverfahren durchgeführt werden

In einem aktuellen Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln (Beschluss vom 20.05.2022, 9 TaBV 19/22) haben die zuständigen Richter nun die Reichweite des festgelegten Mitbestimmungsrechts neu bestimmt. War in früheren Entscheidungen sogar die Meinung vertreten worden, dass Betriebsräte ein Mitbestimmungsrecht haben, ob überhaupt eine Sonderzahlung eingeführt werden soll, stellten die Kölner Richter nun klar, dass bei einer Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats zu Zahlungen dieser Art ein Einigungsstellenverfahren durchgeführt werden kann. Die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung ist somit nicht direkt bindend, sondern kann durch einen Beschluss der Einigungsstelle ersetzt werden. Hierbei schließt sich nicht aus, dass die Ausgestaltung und Einführung einer Prämie dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates unterliegen, gleichzeitig jedoch ein Spruch der Einigungsstelle dessen verweigerte Zustimmung ersetzen kann.

 

Der konkrete Sachverhalt: Automobilzulieferer will Anwesenheitsprämie einführen

Im konkreten Fall wollte ein Automobilzulieferer, der 2022 mit einem erheblichen Krankenstand der Belegschaft zu kämpfen hatte, eine Anwesenheitsprämie einführen. Der Betriebsrat des Unternehmens lehnte die Prämie grundsätzlich ab. Die Betriebsräte befürchteten eine finanzielle Benachteiligung von Arbeitnehmern, die sich beispielsweise an Streiks beteiligen. Die Firma beantragte daraufhin, eine Einigungsstelle gerichtlich einzusetzen und bekam vor dem Arbeitsgericht Köln Recht. Das Landesarbeitsgericht bestätigte diese Entscheidung.