Wohnungsbesichtigung des Finanzamts kann rechtswidrig sein

Unangekündigte Wohnungsbesichtigung des Finanzamts kann rechtswidrig sein

Eine unangekündigte Wohnungsbesichtigung durch einen Beamten der Steuerfahndung kann rechtswidrig sein, wenn die steuerpflichtige Person bei der Aufklärung des konkreten Sachverhalts mithilft. So entschieden es die zuständigen Richter im Streitfall zur steuerlichen Absetzung eines häuslichen Arbeitszimmers (29. September 2022 – Nummer 040/22 – Urteil vom 12.07.2022
VIII R 8/19).

Der Bundesfinanzhof hat ein richtungsweisendes Urteil zu unangekündigten Wohnungsbesichtigungen durch Beamte der Steuerfahndung als sogenannte Flankenschutzprüfer gefällt. Die zuständigen Richter urteilen am 12. Juli 2022, dass eine unangekündigte Wohnungsbesichtigung durch Steuerfahnder als Flankenschutzprüfer zur Überprüfung gemachter Angaben eines steuerpflichtigen Bürgers rechtswidrig ist, wenn dieser mitwirkt, den Sachverhalt aufzuklären.

 

Unternehmensberaterin macht Arbeitszimmer geltend – Flankenschutzprüfer erscheint unangekündigt

Im konkreten Fall hatte die als Geschäftsführerin und selbstständige Unternehmensberaterin tätige Frau in ihrer Einkommenssteuererklärung erstmalig finanzielle Aufwendungen für ein in der Wohnung befindliches Arbeitszimmer geltend gemacht. Das Finanzamt verlangte, nach erster Prüfung des Sachverhalts, eine Skizze der Wohnung. Der zuständige Sachbearbeiter hielt die Skizze, wohl aufgrund eines fehlenden Schlafzimmers, für klärungsbedürftig, weshalb er einen Flankenschutzprüfer um eine Besichtigung bat. Ohne Ankündigung begab sich der Beamte zu der Wohnung, wies sich der Unternehmensberaterin als Steuerfahnder aus und betrat das zu überprüfende Objekt. Widerspruch gab es vonseiten der Steuerpflichtigen nicht. Jedoch erhob die Bürgerin Klage auf Feststellung. Die Besichtigung sei rechtswidrig gewesen. Das Finanzgericht wies die Klage erstinstanzlich ab. Aufgrund der Einwilligung der Steuerpflichtigen liege keine Grundrechtsverletzung und daraus folgend auch kein Feststellungsinteresse vor.

 

Bundesfinanzhof: Besichtigung war rechtswidrig

Der Bundesfinanzhof urteilte schließlich, dass die unangekündigte Besichtigung des Flankenschutzprüfers rechtswidrig war. Wegen Wiederholungsgefahr aufgrund eines nah in der Zukunft liegenden Umzugs bestehe ein ausreichendes Feststellungsinteresse. Die Besichtigung sei zudem nicht verhältnismäßig und in der Wohnung eines mitwirkungsbereiten Steuerpflichtigen erst dann notwendig, wenn die bestehenden Zweifel nicht durch weitere Angaben oder Beweismittel wie Fotografien ausgeräumt werden könnten. Auch wenn kein schwerer Grundrechtseingriff vorliege, da wie im konkreten Fall der Besichtigung zugestimmt wurde, gelte dieser Grundsatz. Zudem sei die Besichtigung rechtswidrig erfolgt, da sie nicht von einem Mitarbeiter der Veranlagungsstelle, sondern einem Steuerfahnder durchgeführt worden sei. Der Einsatz eines Steuerfahnders werde in der Regel belastender empfunden als eines Veranlagungsbeamten. Wenn zufällig anwesende Dritte glauben könnten, dass gegen den Steuerpflichtigen ermittelt werde, könne das persönliche Ansehen gefährdet werden. Dieser Umstand ist zu vermeiden.